Weihnachten auf der Sonnigen Halbinsel

Weihnachten ist unglaublich. Und auf der Sonnigen Halbinsel  noch mehr. Dieses Mal jedoch sind überraschende Aktionen  und Feiern in Gefahr. Die neidische Fee Lucinda wollte das Fest verderben. Aber das Team  der besten Freunde muss diesen Ärger verhindern! Welche Gefahren und Herausforderungen müssen  Fee Elisha,  die Brüder Ben und Joel,  Drache Din,  Maus Melissa, Elan Julius und andere fantastische Kreaturen überwinden? Unglaubliche Abenteuer auf den Seiten dieses Buches warten auf ihre Leser.

Kapitel 1. Der goldene Herbst

Eine ältere Frau ging die Straße entlang und sprach mit sich selbst. Sie trug Jeans, eine leichte Jacke und bequeme Turnschuhe. Diese Dame mit Brille, lockigem Haar und einem zärtlichen Lächeln auf ihrem runden Gesicht sprach leise etwas. Hielt dann still, als hätte sie jemandem aufmerksam zugehört und  sprach wieder. Aber die Leute, die eilig an ihr vorbeigingen, wunderten sich nicht: Gibt es in dieser Stadt nur wenige seltsame Großmütter? Oder vielleicht hat sie ein modernes Gadget im Ohr und spricht mit jemandem am Handy?  Die Passanten sahen die Fremde nur kurz an und eilten dann weiter zu ihren wichtigen und nicht sehr wichtigen Angelegenheiten.

Es war Herbst  und die Stadt war golden. Die Frau ging schnell über die Fahrbahn und betrat den Park. Sie ging an einem großen Blumenbeet mit einer gusseisernen Vase vorbei, dann die Hauptallee entlang. Sie raffte mit den Füßen bunte Blätter, die raschelten laut.  Dann bog sie auf den Gehweg, der am Spielplatz vorbei ging, zu einer runden schneeweißen Laube. Da flatterte etwas von ihrer Schulter auf und rief: “Ein Augenblick bitte, ich bin schnell!” und  flog nach oben unter das Dach der Laube.

Die Frau setzte sich bequem auf die Bank und genoss die herbstliche Schönheit:  Reinheit und Klarheit der kühlen Luft, die dunklen Silhouetten der stillen Bäume, die bunten Blätter, die sich langsam im Flug drehten und  zu Boden fielen.

Wenige Minuten später flatterte etwas unter dem Dach der Laube heraus, flog auf die Frau zu und landete auf dem Rücken der Bank. Das war ein kleines, winziges Mädchen, das Jeans, Turnschuhe und eine blaue Jacke trug. Auf dem Rücken der  Jacke waren durch die Schlitzen  Regenbogenflügel zu sehen. Die Fee mit goldbraunen Haaren, großen blauen Augen, einem kleinen Näschen und einem Mal auf der linken Wange in Form eines Regentropfens lächelte die Frau an, und Grübchen erschienen auf ihren Wangen.

“Frau Nadija, wie schön, dass wir hierhergekommen sind! Das Zimmer, in dem ich lebte, als ich in Ihre wunderbare Stadt  zur Praxis kam, ist sauber und ordentlich und wartet bereits auf andere Praktikanten. Und wie schön der Park im Herbst ist! Und die Stadt… Alles ist golden und riecht nach Blättern, Regen, Pilzen und wie immer nach Schokolade und Kaffee!
Ich möchte auch ein bisschen über die Blätter laufen!”

Sie zog einen silbernen Stab, mit einem goldenen Sternchen am Ende, aus ihrer Jackentasche, schwang ihn hoch — und vor Frau Nadija stand schon ein normales Mädchen.
” Und die Flügel?”
“Oh, ich  habe sie vergessen.” Das Mädchen steckte ihre Flügel vorsichtig unter die Jacke. Es lief unter die Bäume, raschelte  mit trockenen Blättern, fiel glücklich lachend auf goldene Blätterhaufen und sammelte einen Herbststrauß aus bunten Blättern.

“Ich werde es meiner Mutter schenken”, sagte die Fee und setzte sich neben Frau Nadija.  “Es ist noch warm und  fast  grün auf der Halbinsel. Die Berge im Herbst sind sehr malerisch, als wären sie mit einem bunten Teppich bedeckt, von hellgelb bis dunkelrot. Und an der Küste gibt es mehr grünliche Farbe. Es sind immergrüne Pflanzen und es gibt immer noch Gras. Und wie  schön ist es bei uns zu Weihnachten! Aber ich erzähle es nicht. Sie kommen mit Ihren Enkeln und  sehen  alles selbst.”

” Natürlich Elisha, wir werden unbedingt zu Weihnachten auf der Sonnigen Halbinsel sein! Es ist nur schade, dass du die Jungen nicht erwischt hast. Ben und Joel sind für ein paar Tage mit ihren Eltern in die Karpaten gefahren. Dort ist es jetzt auch sehr schön! Aber keine Sorge, wir werden euch zum Fest besuchen. Eine magische Feder und eine Schriftrolle mit magischen Wörtern, um euch zu erreichen, warten auf ihre Stunde.”

” In Ordnung, Frau Nadja. Wir freuen uns über Ihre Ankunft. Es tut mir leid, aber ich muss jetzt los fliegen”. Elisha umarmte und küsste  die Frau, schwang den Zauberstab und verschwand.

Die Frau saß auf der Bank im goldenen Herbstpark, schaute auf das herabfallende Laub und lächelte ihre Gedanken an.

Kapitel 2. Winter in der Stadt der Steinlöwen

Zwei Monate sind vergangen. Der Winter kam in die Stadt und kleidete sie in schneeweiße Gewänder. Sie wurde ruhig, still und feierlich, und es schien, als würde sie in Erwartung der Feiertage erstarren.

Es war ein frostiger Dezemberabend. Frau Nadija, die von ihren Enkelkindern zurückkam, beschloss, einen Spaziergang im Winterpark zu machen.

Sie ging die Hauptallee entlang, deren zentralen Teil die Kinder zur Eisbahn gemacht hatten.

Um nicht auszurutschen oder zu fallen, ging die Frau vorsichtig abseits auf dem unberührten Neuschnee, der unter ihren Füßen knirschte und knackte. Und als sie aufsah, bewunderte sie die flauschigen Schneeflocken, die dicht vom Himmel fielen und im Licht der Laternen schimmerten.

Die  Winterferien haben bereits begonnen. Ben und Joel spielten im Park, bauten Schneemänner, machten Schneeballschlachten, rodelten, gingen auf die Eisbahn und fuhren mit ihren Eltern in die Karpaten, um Ski zu laufen. Sie gingen auch mit Freunden ins Zentrum der Stadt, bewunderten den wunderschönen Weihnachtsbaum vor dem Opernhaus und  den Weihnachtsmarkt am Rathaus. Sie arbeiteten auch gerne als Freiwillige in der St.-Nikolaus-Fabrik. Dort bereiteten sie Geschenke für Kinder vor.

Abends wurden Weihnachtslieder gelernt. Sowohl bekannte als auch neue, unbekannte. Ihre Großmutter gab ihnen ein kleines altes  Buch, das sie von ihren Großeltern bekam. Ben und Joel gefiel in diesem Buch besonders das Weihnachtslied «Himmel und Erde». Zusammen mit ihrer Großmutter lernten sie dieses Lied  und warteten jetzt darauf, dass sie endlich mit ihren Freunden zu bekannten und unbekannten Menschen gehen konnten, um ihnen mit den Weihnachtsliedern Freude zu machen.

Aber Morgen wird ein ungewöhnlicher Tag sein! Alle drei warteten mit Ungeduld und freudiger Vorfreude auf ihn. Am Morgen kommen die Enkelkinder zu ihrer Großmutter  und treten   gemeinsam  eine lange und erstaunliche Reise zum  fabelhaften Weihnachtsfest auf die magische Sonnige Halbinsel an zu ihrer Freundin Regenfee Elisha.

Frau Nadija stand früh auf. Sie fing an, Geschenke in zwei großen Taschen zu sammeln, die sie auf die Sonnige Halbinsel mitnehmen wollte, und ging in die Küche.

“Oma, was ist denn das? Hast du etwas zubereitet?” wunderte sich  Ben. “Weißt du, wie lecker alles auf der magischen Halbinsel ist?! So was hast du noch nie gegessen.”
“Hoffe, dass  unsere Gerichte ihnen auch schmecken”, sagte die Großmutter, als sie ihre Kapuzenjacke anzog.”Seid ihr bereit?”

Ben nahm die schweren Taschen von seiner Großmutter mit. Frau Nadija nahm ihre Enkelkinder an die Hände, und Joel hielt die magische Feder in der freien Hand. Und im Chor begannen sie, magische Worte auszusprechen:


Magische Feder, flieg,
uns zu guten Freunden bring.

Eins, zwei, drei, vier, fünf —
wir beginnen unseren Flug.


Der Raum wurde für einen Moment dunkel. Ein Strom von Luft und Regenbogenlicht fing die Reisenden auf, drehte sie und trug sie in unbekannte Ferne.

Kapitel 3. In einer Märchenwelt

“Oh, ist es hier schon Frühling? Oder noch Herbst?” wunderte sich  Joel. Er hielt weiterhin die Hand seiner Großmutter fest, die mit Bewunderung alles um sich herum ansah.

“Wo ist der Schnee? Wo ist der ganze Weihnachtsschmuck? Die Häuser sind geschmückt, das ist gut. Aber die Straße? Und Laternen und Bäume? Es gibt sogar das grüne Gras. Es sieht nicht so aus, als würde Weihnachten bald kommen. Stimmt’s, Oma?”

Aber Frau Nadija hat ihn nicht gehört. Sie war begeistert von dem, was sie sah: 

“Es scheint, als  wir in einem Märchenfilm seien. Oder auf dem Bild im Kinderbuch. Hellblauer Himmel, gelbe Straße, grüne Zypressen und Kiefern, bunte Häuser. Und wie seltsam sie sind, wie in einem Märchen!”
“Oma, wir sind ja in einem Märchen! In einer ungewöhnlichen Stadt auf der magischen  und zauberhaften Sonnigen Halbinsel! ” unterbrach  Ben die Großmutter.“ Und da ist Elisha!”

Die Brüder und ihre  Großmutter standen einem zweistöckigen, rosafarbenen Haus mit rotem Dach gegenüber. Im Erdgeschoss glänzte  das Schaufenster eines kleinen  Ladenlokals mit dem Schild « Gesunde Leckereien».  Aus dem Tor liefen Elisha, ein Feenmädchen, und ihre Freundin, die  blaue Füchsin Lexi.

Nachdem sie alle umarmt und geküsst hatte, die Jungen  erröteten  natürlich, führte Elisha die Gäste ins Haus.

” Das ist meine Mutter, sie ist die  Fee der Heilkräuter und Papa ist der Kommandant der Elfenrettung. Und das ist Frau Nadija, Bens und Joels Großmutter, pensionierte Lehrerin und Schriftstellerin.”

Die Brüder warfen ihre Rucksäcke in dem kleinen Gästezimmer unter dem Dach und rollten die Treppe hinunter ins Wohnzimmer, wo Elishas Großmutter und Eltern sich unterhielten.

“Mama, Papa, wir sind weg. Unsere Freunde warten auf uns!” Elisha setzte ihren Lieblingshut auf, eine Glockenblume, und öffnete die Tür. “Wir treffen uns mittags auf dem Marktplatz!”

Kapitel 4. Treffen der Freunde

Auf der geliebten Allee warteten bereits die Freunde auf sie: der Regenjunge Kap in  einem Regenmantel aus  Regentropfen, die Hexe Stella in bunter Kleidung und einem  spitzen Hut mit  breiten Rand, zusammen mit dem Sonnenhasen Ilian, Elan Julius, ein Energiewesen im dunklen Mantel mit Kapuze und Regenbogenbrille und  Einhorn Florian. 

“Hallo! Wie geht’s? Es ist toll, dass ihr hier seid! Was gibt’s Neues? Es wird ein fröhliches Fest sein!”  Alle umarmten sich, grüßten und freuten sich aufrichtig.

“Und was machen Meerjungfrauen im Winter? Kommen sie zum Fest?”  fragte Ben.
“Im Winter sind Meerjungfrauen im Unterwasserreich, sie schwimmen nicht an die Oberfläche.  Weihnachten wird im Palast gefeiert, und sie haben Neptun anstelle von Weihnachtsmann.”

 “Und die Märchenhelden?” fragte Joel.
“In ihrer Märchenwelt. Jedes Jahr wählen sie ein Wintermärchen aus und feiern dort Weihnachten“, erklärte Elisha.
“Was sind das für Wintermärchen?”  Ben war überrascht und wunderte sich.

“Oh, es gibt viele…” sagte Florian, “Schneewittchen“, “Die Nacht vor Weihnachten”, “Weihnachtsbaum”, “Morosko”, “Wintermärchen”, “Weihnachtslied”, “Der Planet der Weihnachtsbäume”…
” Fäustling”, piepste Ilian, der Sonnenhase.
“Im vergangenen Winter feierten Märchenfiguren Weihnachten im Märchen  “Nussknacker und Mausekönig“, fuhr Florian fort. “Und in diesem Jahr treffen sich Alle bei der “Schneekönigin”.

“Wie interessant,” sagte Joel  nachdenklich.  “Also werden der Wolf und die drei Ferkel dort feiern? Und der Drache Din und die Maus Melissa? Wie geht es ihnen?”

“Wenn ihr möchtet, können wir sie jetzt besuchen. Wir haben noch zwei Stunden Zeit vor Beginn des Festes,” schlug Tim vor.
“Mit Vergnügen!”

Florian hat sich in das Gespräch eingemischt:
“Um schneller zu sein, setzt euch auf mich, Leute! Aber wie sollen wir das tun? Ich kann keine vier tragen”, sagte er und sah Ben, Joel, Tim und Julius an.
“Ich bin zu schwer”, stöhnte Ben. “Vielleicht gehe ich zu Fuß.”

“Joel, fliegst du mit mir? Hast du keine Angst?” Stella hat ihren tragbaren Besen bereits ausgebreitet.
“Falle ich nicht runter? Ein bisschen habe ich Angst. Aber ich möchte wirklich auf einem Besen fliegen!”
“Hab keine Angst! Setz dich hin und halte dich an mir fest!”

Sie stiegen schnell nach oben, machten einige Runden in der Luft und flogen dann wie ein Stein nach unten, so dass  Joel vor Überraschung und ein wenig Angst aufschrie. Aber Stella hatte vor dem Boden den Besen aufgerichtet, und sie flogen ihren Freunden nach.

Florian mit Ben, Julius und Tim auf dem Rücken lief mit einem Trab über die Straße, während Elisha und Stella mit Julian auf der Schulter und Joel nebeneinander flogen. Zehn Minuten später bogen sie auf die Landstraße ein und sahen in der Ferne ein großes Holzhaus.

Kapitel 5. Vorfreude auf das Fest

Niemand war zu Hause. Die Türen waren  nicht verschlossen.  Tim sagte, dass hier niemand die Türen schließe. Aber es war drinnen ruhig. Die Freunde stampften vor der Haustür herum und wussten nicht was sie tun sollten.

“Schade! Was machen wir jetzt? Warten wir oder gehen wir in die Stadt?” wandte sich  Florian  an die Freunde.

Plötzlich wurde es auf der Lichtung dunkel, als ob eine große Wolke die Sonne verdeckt hätte. Und da stand schon der Drache Din vor ihnen, und  die Maus Melissa tanzte vor Freude, während sie sich am Ohr des Freundes festhielt.

“Hallo! Wie toll, dass ihr hier seid!”  wandte sich  Melissa  an die Brüder. “Din und ich haben uns oft an euch erinnert. Nicht wahr, Din?”
“Natürlich haben wir uns an euch erinnert und auf euch gewartet!”   brüllte  der Drache mit dem Bass.  “Aber jetzt ist es an der Zeit, in die Stadt zu gehen. Es bleibt noch eine halbe Stunde bis zum Beginn des Weihnachtsfestes.”

Jetzt saßen alle Jungen bequem auf dem breiten Rücken des Drachens. Sie hielten an seinen Dornen fest und betrachteten mit Begeisterung aus der Höhe die zauberhafte Halbinsel, die sich unter ihnen ausbreitete. Elisha und Stella  auf dem Besen flogen nebeneinander, während Florian unten auf der Straße lief.

Bald waren die Freunde  in der Stadt. Din landete auf einem Spielplatz in der Nähe des Marktplatzes und sie gingen zu Fuß weiter. Die Uhr am Rathaus hat dreimal eine kurze Melodie gespielt.  „Viertel vor zwölf”, sagte Elisha, “es wird bald losgehen!”
Der große Marktplatz war mit Einwohnern aus den Städten Guter und Böser Zauberer und Energiewesen aus der Siedlung der Elanen gefüllt. In der Mitte des Platzes stand ein riesiger Tannenbaum. Schön und dicht, aber mit nichts verziert. Vor dem Rathaus wurde eine Bühne eingerichtet, auf der bald die Aktion beginnen sollte.
Freunde drängten sich durch die Menge und begrüßten Bekannte.

“Um alles besser sehen zu können”, wandte sich Stella an die Brüder, “müssen wir höher klettern. Kommt her!” Sie zeigte auf einen Kiosk des Weihnachtsmarktes. Die Freunde halfen gegenseitig und fanden sich schnell auf dem Flachdach.
Von oben war jeder und alles auf dem Platz  gut zu sehen. Dort waren Bewohner der Stadt der Guter Zauberer – Feen, Elfen, Zwerge, Zauberer, Waldgeister. Aus der Stadt der Bösen Zauberer waren Hexen, Trolle, Kobolde, Werwölfe, Monster und andere  Märchenwesen  und fabelhafte Kreaturen, die als böse und gefährlich angesehen werden. Und in Wirklichkeit spielen sie nur die Rollen von  Bösewichten in Märchen.

Es gab hier auch Elanen. Energiewesen, die vor kurzem den  heimtückischen König Theognid vertrieben hatten und von der langen Verbannung aus dem Exil  zurückkehrten.

Die Freunde begrüßten Klassenkameraden, Bekannte und Nachbarn. In der Nähe der Bühne sahen sie die Eltern von Elisha und die Großmutter der Brüder,  die sich mit den Eltern von Tim und Julius unterhielten.

Die Uhr am Rathaus schlug Zwölf am Mittag.  Der Lärm und die Gespräche auf dem Platz hörten auf, und alle begannen laut zu zählen: «Eins, zwei, drei … elf, zwölf!!!»

Kapitel 6. Wo ist das Fest?

Mit dem letzten Schlag der Uhr erschienen sieben Weihnachtsfeen in silbrig-weißen Kleidern mit Umhang und in Kränzen aus glänzenden Sternchen in völliger Stille auf der Bühne. Sie schwenkten mit ihren Zauberstäben und eine sanfte, magisch zauberhafte Melodie strömte über die Stadt. Die Feen schwenkten zum zweiten Mal, und flaumiger Schnee begann vom Himmel zu fallen. Sie haben die Stäbchen zum dritten Mal geschwenkt – und es geschah nichts.

Die Feen wechselten die Blicke und schwenkten mit den Stäbchen noch einmal. Wieder ist nichts passiert. Die Menge begann zu lärmen. Die Feen schauten sich verwundert an, versammelten sich in einer engen Gruppe und besprachen etwas. Dann wurden die Stäbchen wieder geschwenkt. Es ertönte ein scharfer Klang, und eine weitere Fee erschien auf der Bühne.
“Oh”, flüsterte Elisha.  “Wer ist das? Ist das wirklich die Hauptweihnachtsfee? Und was ist mit ihr los?”

Die Fee landete in der Mitte der Bühne. Sie konnte ihr  Gleichgewicht nicht halten und fiel auf den Boden. Zwei Feen rannten hin und halfen ihr wieder auf die Beine zu kommen. Nachdem sie sie weggeführt hatten, näherte sich die Hauptfee dem Bühnenrand und verbeugte sich unbeholfen.
“Und wo ist Jarina? ” wunderte sich Tim. “In diesem Jahr sollte sie die Hauptweihnachtsfee sein! Und wer ist das?”

“Guten Tag, liebe Bewohner der Sonnigen Halbinsel! ” sprach mit heiserer Stimme  die Fee, und dann fuhr sie unsicher fort: “Ich bin Lucinda, in diesem Jahr bin ich die Hauptweihnachtsfee! Ich begrüße euch zur Eröffnung des Weihnachtsfestes!”

“Sie sieht aber nicht wie eine Weihnachtsfee aus!”  lachte Ben. “Sie sieht mehr wie ein Schneemann aus!”

Und tatsächlich: Lucinda war wie aus Kugeln zusammen geknetet. Auf dem kleinen Kugelkopf saß eine seltsame Mütze, die wie ein Eimer oder ein Krug aussah. Aus der zweiten, etwas größeren Kugel ragten zwei dicke Arme heraus. Und die dritte, eine große Kugel, endete mit zwei dicken Beinen.

Der goldene Umhang passte vorne nicht zusammen, und ein schneeweißes Spitzenkleid sah darunter heraus. Es war zu klein für Fee Lucinda, also sträubte es und schien aus allen Nähten zu platzen. Die weißen Stiefel waren ihr auch zu eng. Die Reißverschlüsse waren aufgerissen und jeder Schritt war schwierig. Auf dem runden Gesicht zwischen den dicken Wangen ragte eine knopfförmige Nase heraus, und die schmalen Augen blickten auf die versammelten Zauberer mit Frechheit und Herausforderung, aber auch gleichzeitig mit Angst.

“Sie sieht eher wie eine Vogelscheuche als eine Weihnachtsfee  aus!” piepste Joel.

“Wird die Hauptweihnachtsfee bestimmt oder gewählt?” fragte  Ben.

“Gewählt. Später erzähle ich es euch”, flüsterte Elisha.  “Aber Lucinda wurde nicht gewählt! Sie lernt sehr schlecht in der Schule der Weihnachtsfeen!”

“Ruhe! Lasst uns hören, was sie sagt”, brüllte der Drache Din.

“Ich habe euch, den Bewohnern der Sonnigen Halbinsel, Weihnachtsgeist, Weihnachtsstimmung und Weihnachtswunder mitgebracht!”  schnell und ausdruckslos murmelte Lucinda und schwang den Zauberstab.

Ein flackerndes Licht umhüllte den Weihnachtsbaum in der Mitte des Platzes, ging dann aus und ein paar unansehnliche Spielzeuge tauchten auf den grünen Zweigen auf. In der Menge schrie jemand verwundert auf, und jemand pfiff unzufrieden.

Lucinda schwang zum zweiten Mal den Zauberstab. Ein Regenbogenwirbel fegte über den Platz und wirbelte über die Straßen der Stadt.
“Jetzt verwandelt sich die ganze Halbinsel zu einem Weihnachtsmärchen!” flüsterte Stella begeistert.

Aber nichts Überraschendes geschah. Nur an einigen Laternen erschien glänzendes Lametta und auf den Zypressen wurden einige Glühbirnen angezündet. Der Lärm in der Menge nahm zu.

Die dicke Fee schwang zum dritten Mal ihren Zauberstab. Der Schnee hat aufgehört zu fallen, und die  zauberhaft magische Musik hat nachgelassen. Die Menschen auf dem Platz staunten und empörten sich lautstark.

Kapitel 7. Was ist passiert?

“Was ist passiert?” Joel verstand nichts. Hat sie etwas nicht geschafft?”
“Sie hat nichts geschafft!” rief gereizt Tim auf. “Was ist  aber mit Jarina passiert? Wo ist sie?”

Lärm und Pfeifen in der Menge wurde immer lauter. Schreie wurden gehört:
“Wo ist Jarina? Was ist mit ihr los? Warum bist du hier? Warum ruinierst du unsere Feier?”

Lucinda war verwirrt, kam aber schnell wieder zu sich und versuchte die Menge überzuschreien:
“Fee Jarina hat mich beauftragt die Feier zu veranstalten. Sie ist beschäftigt und hat mir alle Befugnisse übertragen. Jetzt bin ich die Hauptweihnachtsfee! Deshalb schließe ich heute unser Treffen ab! Wir sehen uns morgen!”

Die dicke Fee  schwang  mit ihrem Zauberstab und verschwand.

Die Bewohner des magischen Landes gingen lautstark und empört vom Platz auseinander. Freunde sprangen vom Dach des Kiosks hinunter und gingen zu Elishas und Tim’s Eltern. Frau Nadija sah sie überrascht und neugierig an.

“Oma, das sind unsere Freunde, Tim, Julius, Florian, Din.”
“Vergiss mich nicht”, unterbrach  kleine Maus Ben, auf dem Kopf des schrecklichen Drachen tanzend. “Ich bin Melissa. Willkommen im Land der Zauberer!”

Die Großmutter wandte  verwirrt den Blick von einem ungewöhnlichen Gesprächspartner zum anderen.

“Ich grüße euch. Freue mich sehr, euch kennenzulernen…”
“Mam, wann haben wir heute Mittagessen? Wir müssen etwas besprechen. Können wir in einer halben Stunde kommen?” Elisha sah ihre Mutter mit einem bettelnden Blick an. “Dürfen wir?”

“Natürlich dürft ihr. Das Mittagessen ist in einer Stunde. Kommt nicht zu spät. Du wirst mir helfen, den Tisch zu decken.”
Frau Nadija und die Eltern von Elisha und Tim gingen nach Hause und sprachen unterwegs über die unverständlichen Ereignisse, während sich die Kinder auf der Lieblingsbank im Park niederließen.

“Also, was ist passiert? Wie wählt ihr Weihnachtsfeen aus? Und wer ist Jarina?” wunderte sich Joel. Er war verwirrt.

“Auf einer großen Schneewolke gibt es eine Weihnachtsfeenstadt. Die Feenmädchen lernen in der Weihnachtsschule. Jedes Jahr im Herbst werden die acht besten Schülerinnen ausgewählt, eine wird zur Hauptweihnachtsfee und der Rest zu ihren Helferinnen.” Elisha schwieg ein wenig, dachte nach und fuhr fort: “Die sieben besten Feen habt ihr auf der Bühne gesehen. Aber wo ist Jarina, die beste Schülerin und die beste Weihnachtsfee?  Und warum wurde sie von Lucinda ersetzt, die sehr schlecht gelernt hat? Sie wird Weihnachten ruinieren!”

“Das darf man nicht zulassen!” sagte Tim fest.  “Was sollen wir nur tun?”

“Ich fliege heute zur Weihnachtsfeenstadt  und versuche alles zu untersuchen. Niemand wird auf mich aufpassen, und ich werde alles herausbekommen. Wir treffen uns abends im Haus von Din und Melissa und  entscheiden dann wie es weitergeht”, schlug Kap vor.

“Abgemacht. Bis heute Abend!” Und die verwirrten Freunde gingen nach Hause.

Kapitel 8. Kurz, aber lecker

“Nehmt euch das nicht so schwer zu Herzen, Kinder”, öffnete Elishas Mutter ihnen die Tür. “Alles wird gut! Wir werden sicherlich ein wahres zauberhaftes  und märchenhaftes Weihnachten haben, zweifelt nicht. Niemand wird uns stören, weder die bösen Mächte, noch die schlechten Feen-Schülerinnen.”

“Morgen wird sich auf dem Platz alles entscheiden”, fügte der Vater hinzu. „Und jetzt – Hände waschen und schnell an den Tisch! Seht, was Mama und Frau Nadija hier gezaubert haben!”

Die Kinder wuschen sich schnell die Hände und eilten ins Wohnzimmer, wo der Esstisch gedeckt war. Als sie ihn sahen, spürten sie, wie hungrig sie waren.

Und es gab wirklich was zu sehen! Und sogar alles zu genießen! Hier gab es wunderbare  märchenhafte Feen-Gerichte  von bekanntem und unbekanntem Gemüse und Früchten, Nektare, Luftmousse und andere ungewöhnliche Leckereien. Und in der Mitte des Tisches stand eine Schüssel mit heißem Borschtsch, und daneben  Wareniki, Piroggen, gefüllte Pfannkuchen und andere leckere Gerichte, die den Brüdern  sehr schmeckten und die ihre Oma so lecker zubereitet hatte.

” Waren deine Taschen deshalb so schwer, Oma?” grinste Ben. “Und wie ging das alles in die Taschen hinein?”
“Wahrscheinlich sind alle Großmütter auch ein bisschen Zauberinnen”, lächelte Frau Nadija.

“Und mein Lieblingschmalzgebäck, Kuchen, Plätzchen  sind auch da!” freute sich Joel. “Elisha, du musst es unbedingt kosten!”

“Wir  kosten und probieren alles”, murmelte der Vater und setzte sich näher an Borschtsch und Wareniki. “Setzt euch hin, denn das Essen wird schnell abkühlen.”

Sie aßen still. Ben aß einen Teller Borschtsch, ein Dutzend Wareniki und fing dann an, Feenessen zu kosten. Joel fragte Elisha leise nach den unbekannten Gerichten und aß erst ein wenig und probierte dann alles.
“Ich lasse Platz für Süßigkeiten”, erklärte er seiner Freundin.

Als alle satt waren,  schwang die Mutter mit dem Zauberstab, und der Tisch wurde von Essensresten und schmutzigem Geschirr gereinigt. Sie schwang noch einmal und es gab Süßigkeiten und duftenden Tee aus Wald- und Bergkräutern auf dem Tisch.

Während die Erwachsenen sprachen, tranken die Kinder schnell den Tee aus.
“Mam, lass uns etwas Leckeres. Wir kommen am Abend und vor dem Zubettgehen trinken wir noch Tee. Und jetzt müssen wir laufen, die Freunde warten auf uns! “Elisha und die Brüder erhoben sich  vom Tisch und rannten aus dem Haus.

Kapitel 9. In Gefangenschaft

Jarina öffnete mit Mühe die Augen. Es war ihr  schwindlig.
Kaum konnte die Fee ihren  vernebelten und verschwommenen Kopf bewegen.
” Wo bin ich? Was ist mit mir los? Was ist passiert?”

Sie sah eine niedrige Decke, Bretterwände und ein kleines Fenster mit eisernem Gitter, durch dessen schmutziges Glas ein Stück blauer Himmel  zu sehen war.
“Warum bin ich hier? Was ist mit mir passiert?”

Die Fee wollte aufstehen, aber ihr Körper gehorchte ihr nicht. Sie konnte nicht einmal ihre Hände bewegen.  Im Kopf  begannen   die Bilder   zu erscheinen, wie aus dem Nebel: Hier eilt sie irgendwo hin, hier trifft sie auf dem Weg jemanden, nur an den Namen dieser Mitschülerin kann sie sich nicht erinnern; hier gehen sie zusammen, und die Fee erzählt ihr etwas, während sie mit den Händen aufgeregt schwingt. Und dann verschwindet das Bild, und alles wird wieder mit Nebel verschärft. Jarina schloss ihre Augen und versuchte sich daran zu erinnern, was später geschah, aber die Erinnerung wurde wie mit einem Radiergummi gelöscht. Plötzlich hörte sie die schweren Schritte, die sich näherten, und öffnete ihre Augen.  Jemand hat in der Nähe mit den Schlüsseln geklirrt. Jarina schaute mit Angst auf die sich öffnende Tür und bemerkte eine kleine weiße Wolke am Rand des Auges im Fenster auf blauem Hintergrund.

“Hilfe!”  flüsterte sie.
Jarina schien als sei jemand, groß und dick, in den kleinen Raum eingetreten und habe sich über sie gebeugt. Durch ihre kaum geöffneten Augen sah sie ein rundes Gesicht mit dicken Wangen und einer Knopfnase. Kleine Augen blickten unzufrieden auf die Fee und schmale Lippen krümmten sich verächtlich.

“Das ist ja Lucinda”, freute sich Jarina, “meine Klassenkameradin! Sie wird mir helfen!” Und ein schwaches Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.

“Lucinda! Wie schön, dass du hier bist! Hilfst du mir? Weißt du nicht, wie ich hierher geraten bin? Was ist mit mir los?” Jarina schien, dass sie schreit, aber Lucinda beugte sich noch tiefer, um ihr Flüstern zu hören. Dann richtete sie sich  auf und sprach plötzlich mit quietschender Stimme laut:
” Was, erinnerst du dich denn nicht? Du hast mich selbst darum gebeten, dir zu helfen. Du hattest  plötzlich Angst, die Hauptweihnachtsfee zu sein, und hast mich gebeten, dich zu ersetzen. Dann hast  du mir deinen Zauberstab und die Weihnachtskleidung gegeben, und  hast beschlossen, dich hier zu verstecken.”

“Ich? Hatte  Angst? Das kann nicht sein!” Jarina versuchte sich daran zu erinnern, was passiert war, aber ein grauer Schleier umhüllte die Erinnerungen.  “Und was wird jetzt passieren?”

“Nichts”, und die schmalen Lippen streckten sich in einem Lächeln aus. “Du erzählst mir einfach im Detail, was zu tun ist und wie dein Zauberstab funktioniert. Und ich werde dich ersetzen. Und dann  werde  ich  die beste Weihnachtsfee sein!”
“Nein, so wird es nicht funktionieren,” flüsterte Jarina.“Um eine gute Weihnachtsfee zu werden, muss man lange und fleißig lernen. Und du hast oft  die Schule geschwänzt, den Lehrern im Unterricht nicht zugehört, keinen praktischen Unterricht besucht. Und du hast keinen Sport gemacht.” 

“Und was? Ich brauche euren dummen Unterricht nicht! Ich werde auch so schon die beste Fee sein! Und wenn du mir nicht alle Geheimnisse erzählst, bleibst du für immer hier!”

Sie nahm ein Bonbon aus der Tasche und warf es sich in den Mund.
 “Wenn du hungrig wirst, erzählst du alles! Ich komme heute Abend. Du bringst mir bei, wie man den Zauberstab der Hauptweihnachtsfee benutzt, weil er mir nicht gehorcht. Aber jetzt  schläfst du ein bisschen,” Lucinda nahm eine kleine Flasche aus der Tasche und goss ein paar Tropfen dunkler Flüssigkeit in Jarinas Mund.

 Das Feen-Mädchen wollte den Trank ausspucken, aber es wurde ihr schwindlig, die Augen fielen ihr zu…  Wahrscheinlich   schien es ihr nur, dass die Wolke ganz nah war, ins Fenster hinein schaute und sie mit einem mitfühlenden Blick betrachtete…

Kapitel 10. Jarina  ist zu retten!

“Nun, was? Hast du etwas herausgefunden? Wo ist Jarina? Was ist mit ihr los?” Die Freunde haben den müden und aufgeregten Kap mit Fragen beworfen.
Sie versammelten sich im Wohnzimmer von Din und Melissa.

“Nichts Gutes”, Kap blickte  besorgt auf die Freunde. “Jarina ist bei Lucinda in Gefangenschaft. Sie hat ihr einen  Zaubertrank gegeben und sie in einer Scheune am Rande der  Weihnachtsfeenstadt eingesperrt.”

 “Wir müssen uns sofort auf den Weg machen und Jarina retten!”  Joel sprang auf und rannte zur Tür. “Nun, seid ihr etwa versteinert? Los, wir müssen uns beeilen!”

“Wartet mal!  Wir müssen darüber nachdenken, wie wir die Scheunentür öffnen, wie wir die schlafende Jarina tragen, wo wir sie  unterbringen. Und was werden wir als nächstes tun?” Tim  überflog die verstörten Freunde mit einem Blick.

“Keine Zeit zum Nachdenken!” Melissa sprang auf den Tisch. “Din öffnet uns die Tür. Er hat viel Kraft. Und  wir bringen Jarina bei uns im Gästezimmer unter.”

“Und wie man sie weckt, werden wir später herausfinden. Jetzt ist die Hauptsache, Jarina vor Lucinda zu retten“, und Elisha ging zum Ausgang.  “Beeilen wir uns, damit es nicht zu spät ist. Aber wir können nicht Alle dorthin gehen! Ich fliege mit Din. Kap wird uns den Weg zeigen. Melissa und Stella, bereitet das Zimmer für Jarina vor. Und der Rest denkt darüber nach, was wir als nächstes tun.”

Ben und Joel haben sich mit saurer Miene verzogen. Sie wollten an der Rettung der Weihnachtsfee teilnehmen. Aber nichts zu machen, sie mussten sich unterordnen.

Die Freunde gingen in den Hof, um  dem Flug der Tapferen zu folgen. Jeder wollte an ihrer Stelle sein. Sie haben Din mit Elisha auf dem Rücken und  Kap, der voraus flog und den Weg zeigte, lange nachgesehen. Dann sind alle ins Haus gegangen, um das Zimmer für Jarina vorzubereiten. Danach setzten sie sich im Hof auf die Bank, schauten in den Himmel, und besprachen wie man der entführten Fee helfen kann. Die Zeit verging langsam.

“Seht euch das an! Sie fliegen!” schrie  plötzlich Joel.
Alle sahen zwei Punkte auf dem blauen Horizont. Einen hellen und einen etwas größeren dunklen. Der helle Punkt flog über dem dunklen Punkt und bedeckte ihn vor den Sonnenstrahlen. Sie bewegten sich langsam und vorsichtig.

Ein paar Minuten später landete der Drache im Hof und die Freunde umringten ihn. Jarina  saß halb liegend zwischen den beiden Dornen auf Dins Rücken, und Elisha hielt die schlafende Fee an den Schultern.

“Man muss sie vorsichtig in den Raum bringen und auf das Bett legen,” Elisha  blickte  auf ihre Freunde, die sie umringt hatten.

“Ich trage sie. Ich bin stark, ich gehe zum Boxen. Und sie ist klein und leicht”, kam Ben näher.
“Nur vorsichtig”, und Elisha half Ben beim Heben von Jarina.

Die Fee wurde auf ein bequemes Bett gelegt und mit einer leichten und warmen Decke bedeckt. Plötzlich öffnete Jarina die Augen, überflog die Freunde  mit einem Blick und flüsterte ihnen zu:

“Wer seid ihr? Freunde?” und wieder schloss sie ihre Augen und fiel in den Schlaf zurück.

Kapitel 11. Keine Angst vor Hexen

“Interessant. Ich frage mich, wo Lucinda den Schlaftrank bekommen hat? Man kann ihn in der Apotheke nicht kaufen…” wunderte sich  Julius.
“Ich habe in Büchern gelesen, dass böse Hexen den Trank herstellen”, sagte Joel und sah Stella verlegen an.

“Jetzt leben Hexen nicht mehr in Höhlen, sondern in Häusern. Sie gehen zur Arbeit, anstatt zu zaubern und Unfug  zu machen. Meine Mutter arbeitet in einer Apotheke. Sie stellen dort aus Kräutern Medikamente nach Rezepten von Ärzten her“. Stella  schwieg, als würde sie sich an etwas erinnern. “Wisst ihr, es gibt nur noch eine alte Hexe, die weiter zaubert. Sie lebt hinter dem Fernen Wald in einer Höhle am Fuße der Berge. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie den Schlaftrank für Lucinda hergestellt hat.”

“Dann fliegen wir hin und fragen sie. Ist es weit weg?” wandte sich Julius an Stella.
“Fast eine halbe Stunde fliegen. Also, vorwärts?”
“Melissa, du passt auf Jarina auf. Und du, Florian, beschützest die Mädchen.”

Die Jungs Ben, Joel, Tim und Julius  setzten sich auf Din und stiegen schnell in die Luft auf. Kap und Elisha flogen daneben. Sie flogen über den Nahen Wald, dann über die Elan-Siedlung und dann über den Fernen Wald. Vor ihnen erschien eine große Lichtung, dahinter ein kleines Dickicht. Und dann begannen die Berge.

“Lasst uns hier auf der Lichtung  landen”, schlug Elisha vor. “So können wir uns unbemerkt dem Haus der Hexe nähern.”

Weiter zwängten sie sich auf einem schmalen Pfad durch das Dickicht hindurch.
Besonders kompliziert war  es für Din: der riesige Drache hatte Schwierigkeiten, sich durch den engen grünen Korridor zu drücken. Äste von Bäumen und Büschen kratzten ihn, steckten in den Dornen auf dem Rücken fest, rissen Schuppen von der Haut ab. Aber er folgte seinen Freunden beharrlich.

 Als das Licht hinter den Bäumen erschien, begann Joel zu stolpern und sich langsamer zu bewegen. Tim, der hinter ihm ging, fragte: “Was ist  los? Bist du müde?”

“Aber nein. Sag mir, sind Hexen sehr schrecklich, furchtbar und gruselig? Und gefährlich? Ich habe in Märchen gelesen, dass sie  eine krumme Nase, Warzen, schlechte Zähne und einen Knochenfuß haben. Und sie lieben es Kinder in Öfen zu braten und zu essen…”
“Stella ist eine Hexe. Aber ist sie wirklich schrecklich?” Tim lächelte.

“Stella nicht. Vielleicht sind nur alte Hexen  schrecklich?”

“Denkst du, wenn Stella eine alte Frau wird, wird sie böse und schrecklich sein? Nein, natürlich nicht.  Hab keine Angst, alles wird in Ordnung sein.”

Die kleine Lichtung vor der Höhle war zum Joels Erstaunen sauber und gemütlich. Die Freunde sahen einen Garten mit Obstbäumen, deren Stämme sorgfältig mit Stroh bedeckt waren. Für den Winter ausgegrabene Beete und einen Blumengarten vor dem Eingang zur Höhle. In der Mitte des Blumengartens wuchs ein kleiner Weihnachtsbaum. Er war mit goldenen Kugeln, Zapfen, Eiszapfen und  bunten, glänzendem Lametta und Girlanden verziert. Am Eingang zur Höhle hing ein farbiger Vorhang.

Eine große Krähe, die auf der Spitze eines Apfelbaums saß, krächzte laut. Der Vorhang am Eingang wurde aufgehoben und eine alte Hexe erschien vor der Tür.

Kapitel 12. Zu Besuch bei der Hexe

“Willkommen, liebe Gäste!” sprach  die Hexe  mit quietschender Stimme. “Was hat euch zu mir geführt?”

“Wir möchten mit Ihnen über einen sehr wichtigen Fall sprechen!”    Tim trat nach vorne.

Joel konnte sich vom Anblick der Hexe nicht losreißen. Ja, sie hatte eine lange Nase, die dunklen Augen sahen stechend und durchdringend  aus,  der Rücken war leicht gekrümmt. Die Hexe stützte sich auf einen Stock, aber ob sie ein Knochenbein hatte, sah Joel nicht. Im Allgemeinen schien sie ihm jedoch nicht sehr schrecklich zu sein.
“Nun, kommt dann rein.”

Alle gingen in die Höhle, nur Din schaffte es nicht, sich durch den schmalen Eingang zu drücken. Er steckte seinen Kopf hinein und beobachtete, wie sich alle auf das Sofa und die Stühle um den großen Tisch setzten. Joel schaute sich neugierig um.

Neben einem Sofa und einem Tisch mit Stühlen stand eine Einrichte mit Geschirr, Vasen und Statuetten. Es gab viele alte Bücher auf dem Bücherregal, und an der Wand hing ein Bild mit  blühendem Garten. Ein selbstgestrickter Teppich schmückte den Steinboden. Und in der anderen Ecke bemerkten die Freunde den Gang in die Küche. Durch ihn war ein Herd mit einem riesigen Topf zu sehen, in dem etwas  Gebräu kochte.

“Alles ist in Ordnung”, dachte Joel. “Die Wohnung ist normal. Die alte Dame ist nicht schrecklich. Hören wir mal, was sie sagt.”
“Also, was hat euch zu mir geführt?” wiederholte die Hexe ihre Frage.

 “Sie wissen doch, dass Weihnachten bald kommt?”  fing Tim an.

“Natürlich wissen Sie es! Sie haben so einen schönen Weihnachtsbaum!” mischte sich Stella ein. “Und unser Weihnachtsbaum auf dem Marktplatz ist nicht geschmückt. Und die Stadt ist nicht geschmückt. Unser Weihnachten findet vielleicht nicht statt… Waren Sie bei der Eröffnung der Weihnachtsfeiertage?”

“Nein, war ich nicht. Ich liebe Einsamkeit. Ich hasse die Menge und den Lärm. Und was?  Ist etwas passiert?”

“Ja, leider. Die Hauptweihnachtsfee wurde mit einem Schlaftrunk vergiftet. Wir können sie nicht aufwecken. Und ohne Jarina wird das Fest nicht stattfinden. Können Sie uns helfen?”
Die Hexe vertiefte sich in Gedanken.

“Ja, bei mir war kürzlich eine runde, plumpe Fee zu Besuch. Sie erzählte mir, dass ihre Katze den Fuß verletzt hat. Und damit sie schneller heilt, muss sie mehr schlafen. Ich hatte Mitleid mit ihr und gab ihr ein wenig Schlaftrunk. Sie hat mich aber wohl betrogen. Das ist so unfair. Das wird ihr nicht so durchgehen!”

“Können Sie uns ein Gegenmittel geben? Damit Jarina es trinkt und wieder die Aufgaben der Hauptweihnachtsfee erfüllen kann?” fragte  hoffnungsvoll  Elisha.

“Ich kann. Aber ob ich es euch gebe oder nicht, weiß  ich  noch nicht,”  und die Hexe schaute die Kinder mit einem schlauen Lächeln an. “Und wie werdet ihr mir danken?”

“Und was wollen Sie? Geld? Oder ein Ding? Oder muss man etwas tun?”

“Geld, Dinge, Dienstleistungen…das ist zu einfach. Wenn ihr meinen sehnlichsten  Wunsch erfüllt, werde ich euch ein Gegenmittel geben. Das ist mein letztes Wort.”

“Und was ist ihr  sehnlichster Wunsch?” fragte  Ben.

“Ha!  Es euch zu sagen, das wäre zu einfach! Ich warte auf euch, wenn ihr  es schafft, von selbst darauf zu kommen. Bis bald und auf Wiedersehen!” Die Hexe stand auf und verabschiedete sich von den Gästen.

Kapitel 13.  Der sehnlichste Wunsch der Hexe

Die Freunde gingen schweigend durch den Wald. Als sie auf eine Lichtung kamen, setzten sie sich auf den Stamm eines umgestürzten Baumes.

„Was machen wir jetzt?“  fragte Elisha  traurig.

“Hört mir zu”, sagte Julius nachdenklich. “Sie wissen, dass wir Elanen, Energiewesen sind. Wir füllen unsere Energie mit den Erinnerungen und Gefühlen der Menschen auf. Wir können keine Gedanken lesen, aber wir fühlen gut Emotionen anderer Menschen.”

“Und welche Emotionen hast du bei der  Hexe  gefühlt?” fragte Ben.  “List, Schadenfreude?”
“Nein. Einsamkeit. Traurigkeit. Der Wunsch, jemanden in der Nähe zu haben — freundlichen, mutigen, weichen…”

“Weichen? Interessant. Sollen wir ihr ein Kissen schenken? Oder ein Federbett? Oder Angoragarn? Damit sie sich einen warmen und weichen Pullover stricken kann?”

Alle wurden still  und dachten nach. Plötzlich brüllte Din: “Hört ihr das? Jemand braucht Hilfe! Hört zu!”
Und in der Tat. Die Freunde hörten Geräusche in der Ferne, Knurren, Hilferufe. Sie sprangen auf und eilten in diese Richtung.

Am Rande der Lichtung sahen sie das Schlehdorngestrüpp. In der Gefangenschaft des schrecklichen Busches befand sich ein großer schwarzer Kater. Die langen Stacheln steckten in seinem Fell und der flauschige Schwanz verhedderte sich in den Ästen. Der Kater starrte die Freunde flehend an und jammerte vor Schmerz, Scham und Kraftlosigkeit.

“Weine nicht, Kätzchen! Wir  helfen dir, wir  befreien dich!”  Elisha und Stella eilten zum Gefangenen.

“Nehmt euch Zeit! Die Krallen an meinen Pfoten sind  fest und die Schuppen sind hart. Die Stacheln schaden mir nicht “, der Drache Din  zog  vorsichtig die Zweige des gefährlichen Strauches auseinander.

Elisha entwirrte sorgfältig den langen, flauschigen Schwanz des Katers und befreite ihn aus der stacheligen Gefangenschaft. Die Fee hielt das verängstigte Tierchen fest und streichelte es sanft über das schwarze flauschige Fell.

“Mach dir keine Sorgen, alles wird gut “, flüsterte Elisha das leicht zerkratztes Ohr des Katers.
Der Kater war groß, zottig und nicht sehr sauber. Er schnurrte dankbar und sah alle mit grünen, schlauen Augen an.
Alle setzten sich wieder auf den Baumstamm.

“Nun, wer bist du denn? Und wie kamst du in den Strauch?” wandte sich  Tim an den Kater.

“Mur-Miau”, miaute der Kater traurig. “Ich bin Jack. Und ich habe einen schwarzen Streifen im Leben. Ich bin einsam, hungrig, unglücklich. Ich bin dazu noch in die Dornen geraten. Ich habe weder Familie noch Freunde. Nehmt ihr mich zu euch?” Und er blickte  alle traurig an.

“Wir werden dich nicht verlassen, du bist jetzt nicht mehr alleine”, brüllte Din.  “Du kannst bei uns wohnen. Ich denke, Melissa wird nichts dagegen haben.“

 “Nein!”  schrie  plötzlich Julius auf.
Alle sahen ihn verwundert an.

“Ich hab es!” fuhr er fort. “Sag mal, Jack, bist du mutig?”
“Natürlich”, miaute er stolz, “sehr mutig!”
“Bist du treu?” 

“Der Treueste auf der ganzen Welt!”
 “Ich habe es verstanden!”  rief Elisha  froh aus. “Und  noch ist Jack  weich. Sehr weich!”

“Ja, ich bin weich. Und was ist damit?” Jack war verwirrt.
“Der sehnlichste Wunsch der Hexe! ” riefen die Freunde in Chor  und eilten zurück zur Höhle.

Kapitel 14. Ein neuer Freund

Die Freunde liefen auf die Lichtung vor der Höhle. Elisha mit dem Kater in ihren Armen war die letzte.  Als sie die Hexe sah, versteckte sie sich hinter Din.
Die traurige Hexe saß auf der Bank vor der Höhle und schaute auf den Weihnachtsbaum.

“Warum seid ihr so schnell zurückgekommen? Ich habe euch klar gesagt , ohne die Verwirklichung meines sehnlichsten Wunsches gebe ich euch kein Gegenmittel! Und bittet mich nicht! Also auf Wiedersehen, süße Kinder!” sagte die Hexe höhnisch.

“Und wenn wir ihn verwirklicht  haben?”  trat Ben hervor.
“Ja, ihr habt ihn verwirklicht…. Ich glaube euch tatsächlich! Und wo ist er, mein erfüllter  Wunsch?”

“Hier! Da ist er!” Elisha kam hinter Dins Rücken mit dem Kater in ihren Armen hervor.

Die Hexe stand auf und kam näher.
“Ha! Was ist das  für den  Wunsch? Es ist ein Kater! Ein einfacher Kater. Und außerdem ein schmutziger und zottiger Kater!” Sie kam näher heran, ohne den Blick von dem Tierchen abzuwenden.

Auch der Kater ließ die alte Dame nicht aus den Augen, und sie schauten einander einige Minuten still in die Augen.
Schließlich lächelte die Hexe glücklich, kam noch näher und streckte ihre Hände aus.

“Mein Kätzchen! Komm zu mir, mein Guter! Du bist so weich!” Die Hexe umarmte ihn sanft und streichelte ihn.
“Ich bin auch treu und sehr mutig, Oma! “Jack schnurrte glücklich und  kuschelte sich an seine neue Herrin .

“Ich wärme jetzt das Wasser auf und wasche dich, mein Kätzchen. Und behandle dein Ohr. Und dann füttere ich dich. Willst du Milchsuppe? Und Sauerrahm. Magst du Sauerrahm?”

“Ich liebe sowohl Sauerrahm als auch Suppe,” schnurrte der Kater zufrieden.
“Ich finde  ein Federkissen für dich. Damit du dich ausruhen und ausschlafen kannst, mein Guter.”  Die Hexe drehte sich mit dem Kater  in den Armen um und ging zur Höhle.

“Oma-Hexe! Und wir? Und Jarina? Was ist mit uns? Und Weihnachten? Sie haben es versprochen!”  Joel weinte fast vor Enttäuschung und Empörung. “War alles umsonst?“

“Tut mir leid. Entschuldigt bitte die alte Frau, liebe Kinder. Ich habe alles vor Freude vergessen! Natürlich helfe ich euch! Wie ist es ohne Weihnachten?! Unmöglich!  Ich und Jack,wir werden  auch Weihnachten feiern! Wie ist es ohne Fest?! Jetzt sofort bringe ich euch das Gegenmittel.” Und die Hexe verschwand in der Höhle.

Eine Minute später kam die alte Frau mit einer kleinen dunkelgrünen Flasche in den Händen heraus.
“Gebt Jarina heute Abend drei Tropfen dieses Trankes. Die ganze Nacht wird sie fest schlafen und am Morgen wird sie gesund und munter aufwachen. Viel Glück, Kinder!”

“Danke, Oma-Hexe!” Elisha versteckte die Flasche in ihrer Tasche und umarmte die Hexe. Sie küsste die alte Frau auf die faltige Wange und flüsterte: “Alles Gute und viel Glück!”
“Danke, Kinder! Jetzt werden wir uns beide nicht langweilen. Und kommt uns öfter besuchen. Wir lieben solche Gäste. Stimmt’s, Kätzchen? Kommt ihr?”

“Wir kommen bestimmt, Großmütterchen. Aber jetzt müssen wir uns beeilen. Wir müssen das Weihnachtsfest retten.”
 Die Jungs setzten sich auf Din und alle gingen in die Luft. Und bis die Höhle aus den Augen verschwand, sahen die Freunde die Hexe mit dem Kater in den Armen, die ihnen nachschaute und glücklich lächelte.

 Kapitel 15. Der Zaubertrank

Sie flogen schnell zurück. Florian und Melissa warteten auf die Freunde vor dem Haus. Sie freuten sich sehr, dass  das Gegenmittel gefunden wurde. Melissa erzählte ihnen, dass Jarina ruhig schlafe, aber sie wurde aufgeweckt, um nahrhafte Gemüsebrühe zu essen. Dann ist sie wieder eingeschlafen.

“Wo ist denn der Trank? Gebt ihn her! Lasst uns endlich Jarina vor den bösen Zauberkünsten retten!” hastete Melissa.
Elisha nahm kleine grüne Flasche aus ihrer Tasche und hob sie hoch. In den sanften Strahlen der Abendsonne leuchtete die Flasche mit weichem smaragdgrünem Glanz.
“Wie schön!”  flüsterte Joel. ” Aber lasst uns  Jarina retten!”

Melissa, Elisha und Stella gingen zusammen in den Raum, in dem die Weihnachtsfee schlief. Die Mädchen hielten Jarina an  den Schultern, und die Maus setzte sich auf das Kissen und kitzelte die Fee mit der Schwanzspitze unter dem Näschen. Jarina verzog das Gesicht und nieste, während Melissa sich kaum auf dem Kissen festhielt.

Elisha schraubte den Deckel der Flasche ab und reichte sie an Melissa weiter. Der Raum füllte sich mit einem zarten Duft – einem Blumenstrauß aus Wildblumen, reifen Äpfeln, Sommerregen und etwas Unbekanntem und Magischem. Jarina öffnete ihre Augen und blickte von der Maus zu den Mädchen.

“Freunde…” flüsterte sie mit einem glücklichen Lächeln, als sie zu sich kam.

“Warte, warte, Jarinchen!” die Maus führte die Flasche zu den Mund der Fee und goss ihr drei Tropfen duftende Flüssigkeit ein.
“Wie lecker! ” flüsterte die Fee  und schlief wieder süß und fest ein.

Die Mädchen bedeckten die schlafende Fee mit einer leichten Decke und verließen leise das Zimmer.

“Wir müssen jetzt los”, sagte Elisha im Hof.  “Wir werden zum Abendessen erwartet. Wir treffen uns morgen früh wieder. Wir müssen darüber nachdenken, was wir mit Lucinda machen,  und wie Jarina ihren Zauberstab zurückbekommt.”

“Das besprechen wir morgen. Jarina wacht auf und wir lösen alles gemeinsam. Man muss nur darüber nachdenken, was sie anzieht. Lucinda hat nicht nur den Zauberstab gestohlen, sondern auch die Kleidung und die Krone der Weihnachtsfee. Bei mir zu Hause gibt es so etwas nicht. Und bei dir, Elisha?” fragte Stella besorgt.

“Keine Sorge, wir werden uns etwas einfallen lassen. Nur habe ich die Krone auf Lucinda nicht gesehen, sie hatte eine seltsame Mütze, die wie ein Topf aussah. Wo ist  dann die Krone?”

“Wahrscheinlich hält die Krone nicht an ihrem Kopf, sie fällt ab”, lachte Ben. “Aber jetzt ist die Hauptsache, dass Jarina die Vorbereitungen für Weihnachten in die Hand nimmt, damit das Fest stattfindet.”
“Es wird auf jeden Fall stattfinden!” fügte  Julius hinzu. “Und jetzt – auf Wiedersehen, bis morgen!”

Als Elisha und die Brüder sich dem Haus näherten, waren sie freudig überrascht. Alles war bereit für die Weihnachtsfeier. An der Haustür hing ein Adventskranz, im Wohnzimmer stand ein geschmückter Weihnachtsbaum, und auf einem kleinen Tisch mit einem bestickten Tischtuch prangte ein Diduch – eine Weizengarbe, den Oma mitgebracht hatte. Das ganze Haus wurde mit Girlanden umhüllt und mit Fichtensträußen dekoriert.

Am Tisch mit Tee und Süßigkeiten erzählte ihre Großmutter, wie sie den Tag verbracht hatte. Sie war auf Tour in der Stadt der bösen Zauberer und in der Elanen-Siedlung. Dann schmückten sie und Elishas Eltern das Haus und bereiteten sich auf das Fest vor. Und die Kinder erzählten, wie sie Jarina gerettet haben.
“Mama, hilfst du mir, das Kleid zu finden, das ich letztes Weihnachten angezogen hatte? Weil Lucinda Jarinas Weihnachtskostüm gestohlen hat. Und sie muss morgen auf dem Marktplatz erscheinen.”
“Natürlich, meine Tochter. Ich denke, morgen wird ein interessanter Tag.”

Kapitel 16. Ein interessanter Tag

Elisha, Ben und Joel wachten früh auf. Sie frühstückten schnell, holten Tim ab und eilten zum Haus von Din und Melissa.
Florian und Julius waren bereits auf dem Hof. Und am Himmel entdeckten sie Stella auf ihrem Besen.

Nachdem sie die Tür weit geöffnet hatte, lief Jarina auf den Vorbau hinaus. Und obwohl sie noch im alten Trainingsanzug war, in den Lucinda sie gekleidet hatte, strahlte die Fee Freude, Energie, Selbstvertrauen und festliche Stimmung aus. Blau wie der Himmel strahlten die Augen in Sternenglanz, und die hell silbrigen Locken legten sich  um ihr schneeweißes Gesicht.

“Guten Morgen, Freunde!” Sie sprach mit klangvoller Stimme und stürmte los, die Anwesenden  zu umarmen. “Danke für eure Hilfe! Ohne euch würde ich immer noch in der Scheune liegen und schlafen. Und Lucinda würde weiterhin allen das Fest verderben.”

“Gemeinsam werden wir mit Lucinda fertig! Hier, probier das an!” Elisha überreichte Jarina eine Tüte mit Kleidung.  “Ich denke, das passt für dich. Vertraute Spinnen haben die ganze Nacht daran gearbeitet, das Kleid zu restaurieren.”

Einige Minuten später kam Jarina im neuen silberweißen Kleid heraus, das aus Schneeflocken genäht schien, und in weißen Stiefeln mit Kristallabsätzen.
“Wie  wunderschön du bist!” sagte  Stella entzückt. “Eine echte Weihnachtsfee! Nur eine Krone und ein Zauberstab fehlen noch. Macht nichts, wir werden alles bald zurückbekommen. Und wir werden ein wunderbares Weihnachten haben!”

“Und ich habe dir einen Umhang mit Kapuze mitgebracht. Damit du nicht frierst. Und damit Lucinda dich nicht vorzeitig bemerkt“,  und Julius legte Jarina einen leichten und warmen Umhang aus blauem Samt über die Schultern.

 “Wir müssen frühzeitig auf den Platz kommen, um den Platz neben der Bühne einzunehmen”, schlug Tim vor.

Und die Freunde machten sich gemeinsam auf den Weg.

…Der Platz war leer. Es gab nur  wenige Leute, die sich an einigen Stellen versammelten und  heiß über etwas diskutierten.  Die Freunde hielten am Kiosk an, der fast dicht an der Bühne stand, damit Lucinda sie nicht bemerkte.

Nach und nach füllte sich der Platz mit Menschen. Aber diesmal waren alle aufgeregt und verärgert. Weder laute Gespräche noch das Lachen der Kinder waren zu hören. In völliger Stille begann die Uhr die zwölfte Stunde zu schlagen. Beim ersten Schlag erschienen sieben Helferinnen der Weihnachtsfee auf der Bühne, verwirrt und verstimmt, und am zwölften Schlag mitten auf der Bühne landete Lucinda lautstark.

Es schien, als wäre die Fee in der Nacht noch dicker geworden. Die gestohlene Kleidung  an ihrem Körper ging nicht zu, die Nähte platzten noch mehr und sie hatte ein zerknittertes Aussehen. Auf ihrem Kopf hatte sie diesmal keine Mütze, sondern ein Lametta, das in ihre spärlichen  Haare eingeflochten war. Lucinda hielt unsicher den Zauberstab der Hauptweihnachtsfee in ihren Händen, und man konnte bemerken, dass sie heute böse und genervt war.

“Sie kann wahrscheinlich nicht verstehen, wohin Jarina verschwunden ist,” flüsterte Stella wütend.

“Guten Tag, Bewohner der Sonnigen Halbinsel!”   Lucinda sprach  mit der Stimme, die vor Wut und gleichzeitig vor Unsicherheit zitterte. “Die Hauptweihnachtsfee begrüßt Sie!”

Aber der Lärm, das Pfeifen und die Schreie aus der Menge ließen sie nicht weitersprechen.
“Du bist nicht die Hauptweihnachtsfee! Wo ist Jarina? Was hast du ihr angetan?”

“Bist du bereit?” Elisha schaute auf Jarina, sah ein bejahendes Nicken und schwang mit ihrem Zauberstab. Einen Moment später tauchte neben der verängstigten Lucinda eine Figur im blauen Mantel auf.

“Ich bin hier!“ mit klangvoller Stimme sprach Jarina und ließ die Kapuze vom Kopf fallen.
Die Menge brach mit freudigen Schreien, Applaus und Gelächter aus.
“Ich begrüße Sie, die Bewohner der Sonnigen Halbinsel! Ich bin hier, ich bin bei euch!  Das Weihnachtsfest findet statt!”

Während dieser Zeit zog  sich Lucinda ängstlich von der Bühne zurück. Aber als sie Jarinas Freunde sah, die ihr entgegenkamen, schwang sie mit dem Zauberstab und verschwand.

“Achten Sie nicht darauf! Meine Freunde und ich finden Lucinda, die Krone und den Zauberstab “, fuhr Jarina fort.“ Wir haben noch ein paar Tage bis zum Feiertag. Aber hoffen Sie nicht nur auf die Wunder! Im Keller des Rathauses gibt es viele Weihnachtsdekorationen. Die Ältesten sollen die Keller öffnen. Dekorieren Sie Ihre Stadt, Straßen, Häuser! Hängen Sie überall Girlanden und Weihnachtsbeleuchtung auf! Schmücken Sie die Weihnachtsbäume mit Spielzeug und Lametta! Machen Sie  Wunder mit ihren eigenen Händen!”

“Natürlich werden wir das alles tun, Jarina!”
“Ich bringe Äpfel und Nüsse mit, um die Weihnachtsbäume zu schmücken!”  rief  der Waldgeist aus.
“Und ich bringe gesunde und leckere Süßigkeiten in schönen Verpackungen mit”, bot  Elishas Mutter an.

“Und ich backe die Ingwermännchen”, entschied der Bäcker-Hausgeist.
“Das ist gut so. An die Arbeit! Und wir machen uns auf die Suche nach Lucinda.”

Kapitel 17. Suche nach Lucinda 

Die Freunde flogen auf eine große Schneewolke, in die Stadt der Weihnachtsfeen. Jarina und die Jungs saßen auf dem Rücken des Drachen und hielten sich an den Dornen fest, Melissa richtete sich bequem auf Dins Kopf ein und fasste sich an seinem Ohr, während Elisha und Stella nebenan flogen.

Sie landeten, genauer gesagt, sie wolkten vor der Scheune an, wo sich Jarina früher in Gefangenschaft befand. Vielleicht versteckt sich Lucinda dort? Aber die Scheune war leer. Dann gingen alle zu Jarinas Haus. Das Mädchen lief nach Hause, beruhigte ihre Mutter und kleidete sich in bequeme Kleidung — Jeans, Jacke und Turnschuhe. Dann gingen Freunde zusammen zu Lucindas Haus.

Sie entschieden, dass die Mädchen reinkommen würden. Eine weinende Frau, Lucindas Mutter, öffnete die Tür.
“Kommt rein, Mädels”, sagte sie unter Tränen. “Nun, meine Tochter hat was Schlimmes angerichtet! Was wird jetzt passieren?”
“Macht nichts, alles kann geregelt werden. Ist Lucinda zu Hause? Wir würden gerne mit ihr sprechen.”
“Oh, meine lieben Kinder, Lucinda ist weggelaufen. Wohin? Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht was ich tun soll. Wie wird sie weiterleben? Wie wird sie ihre Fehler wiedergutmachen?”

 “Keine Sorge. Wir helfen Ihnen und Lucinda. Jetzt ist die Hauptsache, sie zu finden. Mit ihr zu reden und sie zu beruhigen. Natürlich muss sie  für ihre Fehler verantwortlich sein. Aber wir werden ihr helfen, wir versprechen es “, beruhigte Jarina die Mutter.

“Früher war sie so ein gutes Mädchen. Freundlich, gehorsam, lernte gut. Und in diesem Jahr ist  irgendetwas mit ihr passiert.
Sie hörte auf zu lernen, wurde böse, wütend und reizbar. Tagsüber  liegt  sie mit ihrem Wunderspiegel im Bett, schaut sich Videos an und hört Musik. Und isst. Viele Weihnachtssüßigkeiten isst  sie. Bonbons, Lebkuchen, Muffins, Weihnachtsplätzchen. Und sie ist dick geworden. Und darüber wird sie noch  wütender! Denn  wo gibt es dicke Weihnachtsfeen?”

“Wissen Sie nicht, wo sie sich verstecken könnte?” mischte sich Stella  ins Gespräch ein.
“Das kann ich mir so gar nicht vorstellen! Schaut in ihrem Zimmer, vielleicht findet ihr einen Hinweis.”

Es war ein Durcheinander im Zimmer: das Bett war ungemacht, überall Müll auf dem Boden, auf dem Schreibtisch, gemischt mit Büchern und Heften, Süßigkeiten, Krümel von Keksen und Lebkuchen, leere Brauseflaschen. Jarina und Stella sahen sich die Bücher im Bücherregal an. Elisha schaute schnell die  Bücher und Hefte auf dem Tisch durch. Aber es gab nichts Interessantes: Schulbücher, Comics, Hefte mit Anmerkungen zu unerfüllten Hausaufgaben. Melissa wühlte  auch im Haufen Bücher und Müll auf dem Tisch und  aß von Zeit zu Zeit ein paar leckere Kekskrümel. Dann rutschte sie schnell auf das Bett unter das Kissen und piepste:

“Schaut mal, da ist etwas!”
Elisha zog ein schäbiges Buch unter dem Kissen hervor. Wahrscheinlich hat Lucinda es oft gelesen.

” Guckt mal! Märchenbuch von Charles Perrault! Und wo das Lesezeichen liegt. Was haben wir hier?” Sie schlug das Buch auf und rief aus: “Meister Kater oder Der Gestiefelte Kater “! Es ist klar, wo sie sich versteckt: im Schloss vom Riesen-Menschenfresser!”

“Mein Mädchen!”  Lucindas Mutter hat Elishas letzte Worte gehört. “Was wird mit ihm passieren? Es kann von einem schrecklichen Menschenfresser  gegessen werden!”
“Keine Angst! Wir finden Ihre Tochter und bringen sie zurück.”

“Erst dann besprechen  wir andere Probleme”, wandte sich Elisha an ihre Freundinnen. “Wir müssen uns beeilen. Wir  machen uns auf den Weg zum Märchen “Der gestiefelte Kater”!

Die Mädchen gingen in den Hof und erzählten ihren Freunden, was sie erfahren hatten. Nach ein paar Minuten flogen sie bereits auf die  Märchenwiese.

Kapitel 18.  Märchenwiese

Die Märchenwiese auf der Sonnigen Halbinsel ist kein Vergnügungspark mit Märchenfiguren, Karussells, Rummelplatzvergnügen und süßer Watte mit Limonade. Es ist ein Ort, an dem Märchen aus der ganzen Welt gesammelt werden. Sowohl volkstümliche, als auch von Schriftstellern geschriebene.

Die Freunde landeten auf einer kleinen Lichtung. In der Mitte stand ein niedriger Sockel, auf dem ein riesiges Buch unter einer Kristallkappe lag. Von der Lichtung zog sich eine Schneise, von der kein Ende zu sehen war. Und dort standen in zehn Reihen Türen. Ja, ja, Türen! Hunderte Türen, Tausende, vielleicht Millionen! Es war etwas an allen Türen geschrieben. Es waren die Türen  zu Märchen.

“Ich glaube es sind mehr Türen geworden”, sagte Ben überrascht.
“Natürlich. Jede Minute, jede Sekunde erscheinen neue Märchen auf der Welt”, lächelte Elisha.

“Und wie passen alle diese Türen hier hin?” wunderte sich Joel.
“Aber es ist doch eine magische Halbinsel! Und die Lichtung ist auch magisch. Schaut her!” Die Fee kam zum riesigen Buch.

Sie drückte den großen silbernen Knopf auf dem Sockelsteuerpult: die Kristallkuppel stieg in die Luft und schwebte zur Seite.
“Sehr geehrtes Buch! Schlage bitte die letzte Seite auf”, sagte Elisha ehrerbietig.

Das Buch hob sich ein wenig in der Luft, seine Seiten begannen sich schnell  durchzublättern. Schließlich sahen Freunde die letzte Seite. Darauf erschienen die Namen neuer Märchen.
 “Tatsächlich gibt es so viele Märchen! Oh, sieh mal, was ist das für ein Märchen?”  rief Joel  aus. “Weihnachten auf der Sonnig…” Geht es nicht um uns?”

“Natürlich um uns”, bestätigte Julius.
“Warum ist dann der Name nicht  bis zum Ende geschrieben?”
“Weil unser Märchen noch nicht zu Ende ist! Wenn wir Weihnachten feiern, dann ist das Märchen zu Ende”, fügte Kap hinzu.

“Jetzt aber  beeilen wir uns! Unser Vorhaben ist noch nicht abgeschlossen”, blickte Tim alle ernsthaft an.
“Geehrtes Buch, schlag bitte das Märchen «Der gestiefelte Kater» auf!” bat Elisha.
Die Seiten des Buches begannen schnell in die entgegengesetzte Richtung zu blättern und blieben stehen. Auf dem Blatt erschien die Inschrift: Charles Perrault, “Der gestiefelte Kater”.

“Kennt ihr den Inhalt des Märchens?” fragte  Elisha die Brüder. “Ich kann es euch vorlesen.”
Und sofort begannen die Worte auf dem Blatt zu erscheinen: “Ein Müller hinterließ bei seinem Tode seinen drei Kindern als einziges Vermögen eine Mühle, einen Esel und einen Kater.”

“Ja, wir wissen es, wir wissen es! Haben es alle gelesen als Kind”, murmelte Ben leicht verärgert. “Los geht’s!”
“Ja, wir müssen uns beeilen”, bestätigte Jarina. “Denn Lucinda könnte dort in Schwierigkeiten geraten. Der Riese ist ein sehr gefährlicher Gegner. Und Lucinda ist jetzt verzweifelt.”

“Mit dem Riesen-Menschenfresser werden wir fertig “, brüllte Din.“ Hauptsache, dass wir nicht zu spät kommen.”

“Auch Katzen sind manchmal gefährlich”, piepste Melissa. “Und außerdem hat der Kater in diesem Märchen die Maus gefressen, in die sich der Riese verwandelte. Ich hoffe, dass er mich nicht berührt!”

“Also, wohin sollen wir gehen?”  Ben eilte zu den Türen.
“Warte, das Buch wird es uns sagen”. Elisha  las die Aufschrift, die im Buch erschien: “Siebte Reihe, dreiundfünfzigste Tür. Los, Freunde!”

Sie brauchten fünf Minuten, um zur Tür mit der Aufschrift «Der gestiefelte Kater» zu gelangen. Tim öffnete die Tür und die Freunde gingen einer nach dem anderen in das Märchen hinein.

Kapitel 19. Im Märchen

Die Freunde landeten am Ufer eines kleinen Flusses.

“Es ist so  warm hier!” Elisha knöpfte ihre Jacke auf.
“Selbstverständlich, es ist ja Sommer in diesem Märchen! Wir aber haben bald Weihnachten. Und wir müssen uns beeilen!” Stella konnte nicht still stehen.

“Das ist wahrscheinlich genau der Ort, an dem der König und die Prinzessin den Marquis von Carabas finden werden, der im Fluss ertrinkt!”  rief Joel  aus.

“Wahrscheinlich”, blickte Ben zurück. “Und auf diesem Weg werden sie zum Schloss gehen. Und auch Felder, Wiesen und Wälder… Und da, in der Ferne, schaut euch an, was ist das? Ist das nicht das Schloss des Riesen-Menschenfressers? Wie riesig es ist!”

“Auf jeden Fall! Wir müssen uns aber beeilen, denn es ist ziemlich weit weg!” Und Tim machte sich auf den Weg zum Schloss.
Alle gingen ihm nach. Es war ein interessanter Anblick. Vorne flog  Kap und bewässerte die Straße vor ihnen mit einem kühlen, leichten Regen, damit sie nicht zu staubig wurde. Dann gingen die Jungen, Tim in der Mütze mit  goldener Glocke, zwei Brüder: Ben, groß und stark, und Joel — von geringer Statur, schnell und lebhaft, gefolgt von Elan Julius in einem dunklen Kapuzenmantel und einer magischen Regenbogenbrille. Die beiden Feen, Elisha und Jarina. Eine mit Regenbogen und die andere mit weißen Flügeln. Und auch die Hexe Stella mit dem Sonnenhasen Ilian auf der Schulter. Sie eilten hinter den Jungen her, um mit ihnen Schritt zu halten. Die Prozession wurde von dem riesigen Drachen Din geschlossen. Auf seinem Kopf saß die Maus  Melissa  und hielt sich an seinem Ohr ganz fest.

Die Arbeiter des Riesen, die ihnen auf den Weg entgegen kamen, waren überrascht und erschrocken von solch einer seltsamen Gesellschaft.

Als sie die Bauern sahen, die das Gras auf den Wiesen gemäht hatten, begrüßten die Freunde  sie   lautstark:
“Guten Tag!”
“Guten Tag! Das sind die Wiesen des Marquis von Carabas”, antworteten die Mäher erschrocken wie aus einem Munde.
“Das bedeutet, dass der gestiefelte Kater schon hier war”, flüsterte Joel, “und er hat sie durch seine Drohungen sehr erschreckt.”
Die Schnitter, die auf dem Feld arbeiteten, schrien auch, dass dies das Land des Marquis sei.
Und alle Bauern, die ihnen auf dem Weg begegneten, berichteten dass dies der Besitz des Marquis von Carabas sei.

Schließlich näherten sich die Freunde dem riesigen Schloss. Die Haustür war weit geöffnet, und die Freunde gingen hinein. In der Mitte des riesigen Saals  stand ein Tisch mit allerlei Speisen und Getränken. An der Spitze des Tisches auf einem großen bequemen Sessel saß der Kater in Stiefeln und döste. Als er Geräusche hörte, sprang er auf und näherte sich den Reisenden.

“Guten Tag”, miaute der Kater, “wer sind Sie und was machen Sie hier? Das ist das Schloss des Marquis von Carabas. Bald kommt er mit seinen Gästen, dem König und der Prinzessin an. Und wir haben Sie nicht eingeladen.”

“Sagen Sie mir, geehrter Herr Kater, wo ist der ehemalige Besitzer des Schlosses, der  Riese-Menschenfresser? Ich wollte meine Kräfte mit ihm messen. Sind wir etwa zu spät gekommen? “brummte Din unglücklich, und Flammen flogen aus seinem Maul.

“Ja, Sie sind zu spät gekommen.” Der Kater streichelte sich mit Genugtuung  auf dem flauschigen Bauch. “Die Maus war aber wirklich so klein. Ich bin überhaupt nicht satt geworden.”
Und er leckte sich die Lippen.

“Sieh mich nicht an Kater! Ich bin auch klein! Und überhaupt nicht lecker”, piepste Melissa und hielt sich fester an Dins Ohr.

“Keine Angst, ich beleidige die Gäste nicht, auch nicht die Uneingeladenen. Schau, wie viele Leckereien es auf dem Tisch gibt. Und wie viel Fleisch.”
 “Fleisch? Welches? Was für Fleisch?”  fragte Stella erschrocken. “Er war doch ein Menschenfresser!”

“Nein, nein. Mach dir keine Sorgen. Hab keine Angst. Hier gibt es Hühnchen- und Kaninchenfleisch. Und Rebhühner, die am Spieß gebraten wurden. Lecker! Sind Sie hungrig? Warten Sie ein wenig. Bald kommen der Marquis von Carabas mit dem König und der Prinzessin, dann machen wir ein Festmahl! Ich lade Sie ein!

“Danke für die Einladung, aber wir haben nicht viel Zeit. Wir suchen nach unserer Bekannten, der Fee Lucinda, so eine ganz plumpe Fee. ” Julius sah den Kater an. “Wir vermuten, dass sie sich in diesem Schloss versteckt haben könnte. Haben Sie sie nicht gesehen, Herr Kater?”
“Leider nicht. Aber wenn Sie möchten, können Sie sie suchen. Beeilen Sie sich aber. Das Schloss ist groß und die Zeit ist knap. Der Besitzer, Marquis Carabas, wird bald kommen.”

Kapitel 20. Wo ist Lucinda?

Das Schloss war riesig. Die Freunde teilten sich in Gruppen auf und durchsuchten schnell alle Räume. Nach einer Weile versammelten sie sich im Hauptsaal. Müde und enttäuscht, weil sie Lucinda nicht gefunden hatten.

  “Es gibt weder Lucinda noch irgendwelche Anzeichen für ihre Anwesenheit im Schloss. Und wenn sie nicht hier ist? Wo sollen wir sie dann suchen? Und wenn sie überhaupt nicht in diesem Märchen ist?”  fragte  Joel aufgeregt nach. 

“Und wenn sie überhaupt nicht im Märchen ist? Vielleicht versteckt sie sich im Fernen Wald? Oder ist sie in die Berge gegangen, wo es Höhlen gibt? Was dann? Wie finden wir sie?”

“Keine Sorge, Stella! Ich habe das Gefühl, dass Lucinda in der Nähe ist. Ich fange ihre Gefühle und Emotionen ein. Es ist Scham, Angst und Verzweiflung.”  Julius stand auf. “Wir haben den Keller noch nicht untersucht.”
“Und normalerweise verstecken sich diejenigen, die sich wirklich verstecken wollen, in den Kellern”, fügte Ben hinzu.
“Oder sie werden dort versteckt”. Und Tim ging zur Treppe in den Keller.

Er ging als erster die dunklen  Stufen hinunter. An  den  Wänden hingen  brennende Fackeln, aber sie gaben nur sehr wenig Licht. Plötzlich stolperte Tim wegen etwas  und wäre beinahe mit einem Schlag nach unten gerollt.

“Was ist das?” mit einer Hand hielt er sich am Geländer fest, mit der anderen hob er ein unbekanntes, glänzendes Ding von der Treppe hoch. “Es ist dunkel. Es ist nicht klar, was das ist.”
Der Sonnenhase Ilian flog von Stellas Schulter zum  Geländer neben Tim und leuchtete wie eine kleine Sonne. Es wurde heller.

“Oh, das ist die Krone! Kleine. Vielleicht hat irgendeine Prinzessin sie verloren!” rief  Elisha, die Tim folgte, aus. “Was hat sie hier gemacht? Hat der Riese sie gefressen?”

“Lasst mich mal sehen!” Jarina drängte alle zur Seite. “Das ist meine Krone! Genauer gesagt, die Krone der Hauptweihnachtsfee!”
Sie setzte den Schmuck auf ihrem Kopf auf und er erstrahlte mit silbernem Licht.

“Das bedeutet, dass Lucinda hier war!” piepste Melissa. “Ich hoffe, es geht ihr gut!“
Alle stürzten sich hinunter und rannten den Flur entlang. Sie öffneten alle Türen und untersuchten alle Räume.
Die Freunde haben alles genau betrachtet, sie konnten aber Lucinda nirgendwo finden.

Am Ende des Korridors sahen sie eine große Tür, die von einem riesigen Riegel  verschlossen war. Nur Din schaffte es, ihn zu bewegen und die Tür zu öffnen. Die Freunde gingen mit Angst in einen großen, dunklen Raum. Es war kalt hier, die Luft war muffig und schwer. Ilian sprang Din auf den Kopf, weil er der Höchste war, so beleuchtete er alles  herum. Die Kinder sahen viele Käfige, wo sich verschiedene Tiere befanden. Rehe, Hasen, Wildschweine. In der Ecke eines Käfigs  lag ein Bärchen und  jammerte leise.

 “Was ist das denn?” empörte sich Elisha.  “Wie kann man die Tiere so  quälen? Öffnet die Käfige, bringt sie raus!”
 Din öffnete die verrosteten Riegel, Elisha beruhigte die verängstigten Tiere und die Jungen brachten die Gefangenen in den Hof. Der Gestiefelte Kater half ihnen. Er rief die Diener des Riesen herbei, sie fütterten und tränkten die Tiere.

Als Elisha sich dem letzten Käfig näherte, schien er leer zu sein. Aber als die Fee genau hinsah, sah sie eine Silhouette in der Ecke, die von einer Pferdedecke  bedeckt war. Die Figur bewegte sich nicht. Elisha ging vorsichtig in den Käfig und hob das Ding hoch. Erschrockene Augen sahen sie an. Es war Lucinda.

Kapitel 21. Die Rettung

“Lucinda! Wie schön, dass wir dich gefunden haben! Steh auf, lass uns von hier verschwinden!” Elisha versuchte, der Gefangenen beim Aufstehen zu helfen.
Aber Lucinda drückte sich stärker in die Ecke und starrte ihre Retter mit Angst und Verzweiflung an.

 “Fürchte dich nicht!  Wir helfen dir!” Elisha und Stella nahmen Lucinda unter die Arme und führten sie vorsichtig zum Ausgang. Aber die Fee riss sich los und stürzte wieder in die Ecke. Sie beugte sich und wühlte  in  dem schmutzigem Stroh unter der Pferdedecke herum. Dann kam sie mit Mühe zu Jarina, die mit Schmerz und Mitgefühl ihre Klassenkameradin ansah. Lucinda reichte Jarina, was sie im Stroh fand.

“Hier, Jarina, nimm. Dein Zauberstab. Verzeih mir.”
“Macht nichts. Alles wird gut “, sagte Jarina leise und nahm vorsichtig den Zauberstab.
 Lucinda wurde vorsichtig nach oben geführt.

“Ich dachte, der Riese wäre hinter mir her gekommen um mich zu braten und zu essen. Verzeiht mir! Ich will nach Hause! Zu Mama!”  Lucinda  fiel auf einen Stuhl und schluchzte laut. Bäche von Tränen flossen über ihre Wangen und spülten Spuren auf dem schmutzigen Gesicht.

“Hier, trink Wasser. Und beruhige dich,” Jarina reichte ihr ein Glas. “Jetzt  gehen wir nach Hause.”
“Ich schäme mich. Ich habe Angst. Wie werde ich den Menschen in die Augen sehen können?”

“Du wirst um Verzeihung bitten. Und beginnst gute Dinge zu tun. Und man wird dir verzeihen.” Jarina streichelte  Lucinda beruhigend über die Schulter. “Und wir werden dir helfen.”

“Wir  alle werden dir helfen. Und jetzt ist es an der Zeit nach Hause zu gehen”, fügte Tim hinzu.

Der Gestiefelte Kater und die ungebetenen Gäste verließen das Schloss und gingen in den Hof. Dort rannten die Tiere, die Gefangenen des Riesen, gerettet und gefüttert,  auseinander, nach Hause in die Wälder und Felder. Die Freunde sahen, wie das Bärchen seiner Bärenmutter entgegenlief. Und in der Ferne  bemerkten sie eine Staubwolke. Es näherte sich die königliche  Kutsche.

“Es ist Zeit, sich zu verabschieden”, sagte Jarina.  “Danke, Herr Kater, für Ihre Hilfe. Wir treffen uns, wenn wir Ihre Geschichte wieder lesen.”
Sie schwang mit dem Zauberstab, und mitten im Hof erschien die Tür. Nachdem sie sich vom Gestiefelten Kater verabschiedet hatten, gingen die Freunde nacheinander durch die Tür und fanden sich auf der Märchenwiese wieder.

“Können wir jetzt schnell nach Hause gehen? Ich vermisse  meine Mutter so sehr,” bat Lucinda. “Ich muss mich auch schnell waschen. Ich bin so  schmutzig!”
Für den Drachen Din war es diesmal viel schwieriger. Er musste drei Jungen, Jarina und auch die schwere Lucinda  tragen. Deshalb flog er langsamer als zuvor. Elisha und Stella flogen wie immer in der Nähe.

Schließlich sanken die Freunde in der Stadt der Weihnachtsfeen auf die Schneewolke. Lucinda wollte sofort nach Hause zu ihrer Mutter laufen, aber Jarina hielt sie auf.

“Morgen gehst du mit uns zum Marktplatz, zu den Menschen. Denk darüber nach, was du ihnen sagst, wie du deine Handlungen erklären kannst. Man muss für seine Handlungen verantwortlich sein.”

“Ja, natürlich werde ich das tun. Auch wenn es nicht einfach ist.”

“Und dann helfe ich dir eine gute Weihnachtsfee zu werden. Wir werden mit dir lehren, was du in der Schule versäumt hast. Und du wirst lernen den Zauberstab richtig zu benutzen. Abgemacht?”
“Natürlich. Danke, Jarina!”

“Und jetzt schlage ich vor, dass du dich duschst, etwas zu Abend isst und gut schläfst”, fügte Elisha hinzu.

Sie schwang ihren Zauberstab, und ein Korb erschien in ihren Händen. Sie streckte den Korb an Lucinda aus:

“Hier sind Shampoo und Seife, die meine Mutter aus Waldpflanzen hergestellt hat. Siehst du, was für ein Haar ich habe!”  Sie streichelte die goldbraunen Locken. “Du wirst auch solches haben!”
“So lockig?”

“So glänzend und schön! Und jetzt geh zu deiner Mutter, sie wartet auf dich. Stella und ich kommen morgen  vorbei und  helfen dir, dich fertig zu machen.”

Kapitel 22. Knöpfchen

Am nächsten Morgen flogen Elisha und Stella in die Stadt der Weihnachtsfeen um Lucinda beim Sammeln zu helfen. Ben und Joel sind bei  der Großmutter geblieben. Elisha bat sie, Frau Nadija zu  Einhorn Florian  zu bringen und dann gemeinsam zu Tims  Großvater Daromir zu gehen.  Sein Opa war Imker. Er lebte am Waldrand in einem kleinen Haus mit einem Strohdach. Hinter dem Haus im Garten summte eine große Imkerei. Die Freunde besuchten gerne den  Großvater Daromir und halfen ihm, sich um die Bienen zu kümmern. Danach saßen  sie  am Tisch im Gartenpavillon, aßen Bernsteinhonig in der Wabe, tranken duftendem Kräutertee und lauschten den interessanten Geschichten, die der Großvater erzählte. Elisha bat, dass die Jungen Lexi, die blaue Fuchsin, ihre engste  Freundin und Helferin, mitnehmen sollten.

“Sie ist in der letzten Zeit oft allein, ich schenke ihr wenig Aufmerksamkeit. Lasst sie ein wenig laufen und reden. Wir treffen uns dann um 12 Uhr auf dem Marktplatz.”
Elisha und Stella trafen sich im Park und flogen gemeinsam zu Lucinda. Ilian saß auf der Schulter der Hexe, sie hielt einen mit einem Taschentuch bedeckten Korb in ihren Händen.

“Was ist da drin?” fragte Elisha.
“Vorläufig ist es ein Geheimnis”, lächelte die Hexe. “Eine Überraschung für Lucinda.”
 Jarina wartete bereits auf sie vor Lucindas Haus.  Die fröhliche Mutter öffnete den Mädchen die Tür.

“Kommt rein, meine Lieben! Darf ich euch umarmen? Ihr habt meine Tochter nicht nur vor dem Riesen gerettet. Ihr  habt sie auch verändert! Seht sie euch an!”

Als sie die Stimmen der Mädchen hörte, verließ Lucinda ihr Zimmer. Sie trug einen Trainingsanzug. Ihr sauberes, glänzendes Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden, ihre Augen strahlten und lächelten.
“Mir scheint, du hast an Gewicht verloren!” lachte Stella.
“Sie isst keine Süßigkeiten mehr”, berichtete die Mutter.”Sie hat nur Gemüse zu Abend gegessen und mit Haferflocken und Beeren gefrühstückt.”

“Ich war heute auch joggen”, prahlte Lucinda. ” Morgen laufe ich wieder.”
“Und damit es dir nicht langweilig wird, allein zu laufen, habe ich dir ein Geschenk mitgebracht.” Stella nahm das Taschentuch vom Korb.

Dort lag ein flauschiges Hündchen einer unbekannten Rasse. Ein Ohr stand kriegerisch heraus, das andere klappte wie ein Taschentuch. Die ausdrucksvollen  dunklen Knöpfchen-Augen betrachteten die Welt mit einem fröhlichen Blick, und der kleine krumme Schwanz  wedelte so stark, als das Hündchen Lucinda sah.

“Ist das für mich?” überrascht und fröhlich fragte Lucinda, als sie das Hündchen beobachtete, das ungeschickt aus dem Korb stieg und auf den Boden stürzte. Er watschelte von Pfote zu Pfote,  machte ein paar Schritte, setzte sich hin und machte eine kleine Pippi-Pfütze.

“Oh”, flüsterte Lucinda, “was für ein unhöflicher Hund.”

Sie rannte in die Küche, brachte einen Lappen mit und wischte die Pfütze weg. Dann nahm sie das Hündchen in die Arme und streichelte sein flauschiges Fell.  Der Kleine wedelte noch stärker mit dem Schwanz und leckte Lucinda die Wange. Die Fee schaute ihre Mutter flehend an.
“Mam, darf ich?”

“Vorausgesetzt, du kümmerst dich selbst um ihn. Und gehst  auch mit ihm spazieren. Aber wie wirst du ihn an die Sauberkeit gewöhnen, wenn du nicht selbst in deinem Zimmer Ordnung hältst und sauber machst?”

“Mutti, ich habe gestern schon ein bisschen in meinem Zimmer aufgeräumt. Und heute Abend mache ich die große Reinigung. Ich kümmere mich selbst um das Hündchen. Auch laufe ich morgens mit ihm.”

“Die Hündin unserer Nachbarn bekam fünf hübsche Welpen, und ich dachte, du brauchst einen Freund wie diesen“, sagte Stella.

“Dann wird er Knöpfchen heißen. Mein Lieblingsknöpfchen.”
“Wir müssen uns beeilen”, mahnte Elisha. “Bald ist es Zeit,  auf den Platz zu gehen.”

“Ja, natürlich”,  Lucinda wurde traurig. “Wir müssen. Und ich muss mich bei allen entschuldigen. Mutti, kannst du auf mein Knöpfchen aufpassen?”
“Natürlich, meine liebe Tochter. Ich tränke es mit Milch und lege es dann in den Korb schlafen. Geh und mach dich fertig. Und sei mutig. Alles wird in Ordnung sein.”

Kapitel 23. Vorbereitung auf das Fest

“Heute ist ein festlicher Tag. Lucinda, du solltest ein passendes Aussehen haben. Aber du gehörst noch nicht zu den acht besten Weihnachtsfeen. Und außerdem wirst du die Leute um Verzeihung bitten und deine Fehler korrigieren, also solltest du dich nicht zu schick verkleiden. Keine leichte Aufgabe! “sagte Elisha, als sie Lucindas Kleiderschrank durchsuchte.

“Es ist noch nicht Weihnachten, also werden wir kein Kleid anziehen. Hier, schaut mal! Was für eine schöne blaue Hose aus weicher Wolle das ist. Und zu ihr passt…”
“Dieser silberne Pullover!”  rief Stella aus.  “Passt so gut zu der blauen Hose. Zieh  auch diese Stiefel an. Seht, Mädchen, wie schön es ist!”

Lucinda kreiste lächelnd vor dem Spiegel. Das Mädchen im Spiegel gefiel ihr. Es stimmt, es schadet nicht ein wenig Gewicht zu verlieren. Aber jetzt ist es  auch so nicht schlecht.
“Ich würde auch die Haare verschönern. Entweder mit einem silberfarbenen Band oder einem Kranz. Was meint ihr?”  Elisha schaute Stella und Jarina an.

“Jetzt bin ich an der Reihe”, näherte sich Jarina zu Lucinda. “Hier ist ein Kranz für dich”, sie schmückte Lucinda’s Haar mit einem zarten silberblauen Kranz. “Die Jacke passt dazu nicht. So wird es besser”, Jarina legte einen leichten und warmen blauen Kapuzenmantel über die Schultern des Mädchens.

“Oh, wie schön du bist, meine Tochter!” flüsterte die Mutter  aufgeregt, als sie ins Zimmer kam. “Wenn du auch gut lernen würdest…”

“Ich werde dir beim Lernen helfen, Lucinda. Und wenn du nicht faul bist, kannst du am nächsten Weihnachten eine von acht Weihnachtsfeen werden.”
“Das wäre wunderbar. Danke, Mädels.”
” Aber wir sollten jetzt losgehen. Sind alle bereit?” Stella schaute ihre Freundinnen an.

” Wir sind schon da.” Die drei Mädchen – Elisha, Stella und Lucinda — fanden sich auf dem Marktplatz in der Nähe der Bühne wieder.
Der Platz war bereits mit Menschen gefüllt, aber Bewohner und Gäste der magischen Städte kamen noch an.

“Lucinda, leg die Kapuze über deinen Kopf, damit du nicht erkannt wirst. Weil du die Leute  beleidigt hast. Bleibt hier, ich werde über den Platz fliegen und nach Unseren suchen “, schlug Elisha vor.
Sie breitete ihre Regenbogenflügel aus, flog über die Menge und begrüßte Bekannte.

Als Elisha den Platz umkreiste, bemerkte sie, wie sich die Stadt an einem Tag verändert hatte. Überall hingen Girlanden, Laternen und Weihnachtsbeleuchtung, es standen Weihnachtsfiguren. Der zentrale Weihnachtsbaum wurde mit Spielzeug, Kerzen, Nüssen, Früchten und Süßigkeiten geschmückt. Und die Menschen wurden ruhiger, selbstbewusster, freundlicher. Sie waren festlich gekleidet und  voll festlicher Stimmung.

“Elisha, wir sind hier!” Die Fee hörte ein lautes Knurren. Din, der höchste von allen, sah und rief Elisha. Die Fee sank auf den Platz. Hier waren alle. Ihre Eltern und die Eltern von Tim, Großvater Dragomir, Frau Nadija und die Brüder Ben und Joel, Zwerg Tim, Regenjunge Kap, Elan Julius, Einhorn Florian, alle Freunde und Verwandte.

“Guten Abend an alle! Kommt näher zur Bühne, da warten Stella und Lucinda. Und es ist besser zu sehen. Wo ist aber meine Lexi?” fragte Elisha  Ben und Joel, während sie sich durch die Menge schlängelten. “Fühlt sie sich beleidigt, weil ich sie nicht mitgenommen habe? Und ist sie deshalb zu Hause geblieben?”

“Elisha, Lexi ist irgendwo weggelaufen “, sagte Joel besorgt. “Als wir von Großvater Daromir nach Hause kamen, lief sie voraus. Dann verschwand sie. Und sie erschien nicht zu Hause. Vielleicht kommt sie später?”
“Weggelaufen, verschwunden? Seltsam! Ich hoffe, sie wird zu Hause sein, wenn wir zurückkommen. Und jetzt beginnt schon die Aufführung.

Kapitel 24. Auf dem Marktplatz

Die Uhr am Rathausturm schlug zwölf. Mit ihrem letzten Schlag in völliger Stille erschienen sieben Weihnachtsfeen auf der Bühne. Sie schwangen mit Zauberstäben, und eine sanfte magische Melodie floss über die Stadt. Die Feen schwangen zum zweiten Mal, und flauschiger Schnee begann  vom Himmel zu fallen. Sie haben zum dritten Mal die Stäbchen geschwungen, und alle Menschen auf dem Platz  erstarrten und warteten darauf, was als nächstes kommt. Plötzlich erschien die Hauptweihnachtsfee Jarina auf der Bühne. Auf ihrem Kopf funkelte eine silberne Krone, der  Zauberstab schimmerte in ihren Händen, ein langes Kleid aus Schneeflocken und ein weicher, flauschiger Umhang unterstrichen die Schlankheit der Figur. Ihre blauen Augen leuchteten, als sie die Menschen auf dem Platz mit einem freudigen Blick umkreiste.

Die Menge brach mit Begrüßungsrufen, Lachen und Schreien aus: “Jarina! Willkommen! Unsere Weihnachtsfee!». Als der Lärm ein wenig nachließ, wandte sich Jarina an die Menschen mit der vor Glück klingenden Stimme:

“Guten Tag, Bewohner der Sonnigen Halbinsel! Ich begrüße euch zur Eröffnung des Weihnachtsfestes! Ich habe euch  Weihnachtsgeist, Weihnachtsstimmung und Weihnachtswunder mitgebracht!”  Sie schwieg ein wenig und fuhr dann fort: “Sie haben die Stadt wirklich schön geschmückt auch ohne Wunder. Es ist sehr wichtig, Wunder mit eigenen Händen zu tun. Aber ich werde ein wenig helfen unser Fest noch schöner zu machen.”

Jarina schwang mit dem Zauberstab, und ein schimmerndes Licht umhüllte den Weihnachtsbaum in der Mitte des Platzes. Er drehte sich langsam nach einer sanften Melodie, und jede seiner Nadeln wurde mit einem Regenbogenlicht erleuchtet.
Jarina schwang zum zweiten Mal den Zauberstab, und ein Regenbogenwirbel fegte über den Platz, die Straßen und Gassen.

Die ganze Stadt und auch die gesamte Halbinsel verwandelten sich zu einem Weihnachtsmärchen. Alles rundherum strahlte und funkelte.
Die Fee schwang zum dritten Mal den Zauberstab. Und der Schnee, der vom Himmel fiel, wurde dichter, und die Schneeflocken leuchteten und funkelten wie Edelsteine.

Jarina wandte sich erneut an die Versammelten:
“Liebe Freunde! Es ist noch ein Tag bis zu Weihnachten. Ich denke, Sie werden es mit  Familie und  Freunden   verbringen. Leckere Gerichte kochen, Kuchen backen, Geschenke festlich verpacken. Ich wünsche Ihnen eine besondere, gemütliche Atmosphäre. Aber ich möchte, dass Sie jetzt jemanden hören.”

Lucinda stieg langsam auf die Bühne, blass und aufgeregt, und blieb neben Jarina stehen. Als die Menschen sie sahen, begannen sie unzufrieden zu lärmen. Jarina schüttelte Lucinda ermutigend die Hand und ging zur Seite.

“Sehr geehrte Bewohner der Sonnigen Halbinsel! Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich Ihnen das Weihnachtsfest fast verdorben habe “.  Lucinda schwieg und dachte angespannt nach, fuhr aber fort: “Ich verspreche, das wird nie wieder passieren. Ich habe meine Fehler verstanden und möchte sie korrigieren. Sie können mich bestrafen, ich habe es verdient.”

In der Menge waren Rufe zu hören:

“Gut, okay, macht nichts! Es kann alles passieren!”
“Hilf Jarina und den Weihnachtsfeen, sich gut auf das Fest vorzubereiten!”
 “Lerne gut und sei nicht faul!”
Ein Lächeln erschien auf Lucindas Gesicht:
“Natürlich werde ich alles tun! Ich werde allen Feen helfen! Ich werde hart und fleißig lernen! Und ich werde nicht faul sein! Danke Ihnen!” Und sie verbeugte sich vor allen Anwesenden.
Dann richtete sich Lucinda auf, lächelte breit und rief aus:
“Ich habe ja jetzt einen Hund!”  und rannte von der Bühne zu ihren neuen Freunden.

Kapitel 25.  Morgen ist Weihnachten

Alle gingen fröhlich und glücklich vom Platz nach Hause. Der weiche Schnee fiel. Die Weihnachtsbäume, Zäune und Dächer der Häuser glitzerten mit Weihnachtsbeleuchtungen. Aber Elisha wurde nachdenklich. Sie machte sich Sorgen, ob ihre geliebte Freundin Lexi nach Hause zurückgekehrt ist.
“Ich werde ein Glas ihrer Lieblingsmarmelade, Blaubeermarmelade,  öffnen», dachte das Mädchen, “und ich werde sie niemals allein lassen.”

Unterwegs erzählten Frau Nadija und die Brüder, wie interessant sie mit Florian und Großvater Daromir die Zeit verbracht haben.

“Florian hat mich ein bisschen geritten”, prahlte Joel.  “Und Lexi lief mit ihm um die Wette.”

“Dann tranken wir leckeren Tee aus Waldkräutern mit Honig. Und haben viel geredet. Herr Daromir erzählt so interessant die Geschichten der magischen Welt! Ich möchte hier länger bleiben und seine Geschichten hören, ”  seufzte die Großmutter.

“Macht nichts,  Sie  besuchen uns noch mehr als einmal!” sagte Elishas Mutter selbstbewusst. “Wir freuen uns immer, Sie zu sehen.”

Elisha ging still, dann fragte sie besorgt:
“Sagt mir, habt  ihr nicht das Gefühl, dass Lexi verärgert oder unzufrieden war?”
“Ich denke nicht”, antwortete Ben, “vielleicht nur ein wenig nachdenklich.”
“Ich hoffe, sie ist schon zu Hause”, sagte Elisha besorgt.

Aber Lexi war nicht zu Hause. Ihre geliebte blaue Füchsin, ihre Freundin und Helferin, ist verschwunden. Vielleicht ist sie weggelaufen? Vielleicht fühlt sie sich an mir, Elisha, beleidigt, und ist weggelaufen?

Elisha durchsuchte das ganze Haus, alle Zimmer, Küche, Bad, Keller und Dachboden, sie schaute sogar in den Laden. Die Füchsin war nirgendwo. Vielleicht ist sie im Garten? Die Fee schaute aus dem Fenster. Der Schnee lag gleichmäßig auf dem Boden und es gab keine Spuren darauf.

“Mach dir keine Sorgen!” beruhigte  die Mutter sie. “Deine Füchsin kommt bald zurück. Vielleicht hat Lexi ihre eigene Angelegenheiten, oder?  Und du gehst und bringst in Ordnung in dein Zimmer! Morgen ist Feiertag, und du hast so ein Durcheinander. Und  bist ein Mädchen! Schäme dich!”

Tatsächlich hat Elisha Aufräumen und Putzen nicht sehr geliebt. Es gibt so viele interessante Dinge auf der Welt!  Freunde treffen, mit Schmetterlingen und Marienkäfern fliegen, mit Stella über alles  reden, mit  Schwestern-Meerjungfrauen im Meer  schwimmen, faszinierende Bücher lesen,   Hüpfekästchen  mit den Grashüpfern spielen, graue Geister  bekämpfen, Schneeballschlachten machen. Ja, es gibt viele interessante Dinge auf der Welt!

Die verärgerte Elisha kam in ihr Zimmer. Natürlich sah das nicht gut aus. Der Schreibtisch ist unordentlich, das Bett ist nicht gemacht, der Schrank ist  geöffnet und einige Kleidungsstücke  sind auf dem Boden verstreut… Und den Boden zu fegen, würde auch nicht schaden. Elisha setzte sich missgestimmt aufs Bett. Lexi ist verschwunden. Mama und Frau Nadija bereiten in der Küche Leckereien zu, Papa und die Jungen räumen den Weg zum Haus vom Schnee ab und bauen dann einen Schneemann. Und sie muss aufräumen. So ungerecht!

Und der Zauberstab kann auch nicht helfen. Irgendwie haben sie in der Schule nicht gelernt, wie man ihm befiehlt das Zimmer aufzuräumen oder das Geschirr zu spülen. Vielleicht wird man es in der dritten Klasse lernen? Elisha schaute aus dem Fenster: Dort hatten Ben und Joel Spaß daran, den Weg mit ihrem Vater zu räumen. “Sie haben es gut! Und ich muss aufräumen!” Elisha war traurig. “Und wo ist  denn der magische Besen, den mir Stella zum Geburtstag geschenkt hat? Er muss mir beim Aufräumen helfen!”  kam Elisha in den Sinn, und sie begann zu suchen. Endlich fand  sie  ihn unter dem Bett.

“Fege, Besen!”
Und der Besen fing an zu fegen. Er hat Schuhe, Kleidung, Staub und Schmutz auf dem Boden in alle Richtungen verteilt. Dann sprang er auf den Tisch und fing an, Bücher und Notizbücher von ihm auf den Boden zu fegen.
“Halt an! Stopp! Fege nicht, Besen!”
Der Besen hielt an.
“Nun, ich muss Stella  fragen, wie man mit ihm zurechtkommt. Oder ich muss die Anleitung  finden. Jetzt aber muss ich selbst aufräumen. “

Elisha stellte Bücher und Hefte ins Regal, wischte den Staub ab, machte das Bett, legte die Kleidung in den Schrank. Dann  schaute sie sich um. Wie schön und gemütlich es geworden ist! Sie nahm den Besen in die Hände, er tanzte und kehrte den Boden.

Unbemerkt fing Elisha sogar an leise zu summen. Seltsam, aber Aufräumen kann sogar angenehm und interessant sein! Sie stellte einen kleinen Weihnachtsbaum auf den Tisch, hängte ein paar Girlanden auf, klebte Schneeflocken aus silbernem Papier auf das Fenster.  Zu Weihnachten ist alles bereit!

Die zufriedene Fee flog nach unten, in die Küche.
“Oh, es riecht so köstlich! Mama, ich habe schon aufgeräumt!”
“Gut gemacht, Töchterchen! Geh jetzt mit den Jungs draußen spielen.”

Papa ging den Frauen in der Küche  helfen. Und Ben, Joel und Elisha bauten einen großen Schneemann. Genauer gesagt – ein Schneeweib. Es war fast so groß wie Ben. Man setzte ihm einen Blumentopf auf den Kopf, statt der Flügel wurden zwei Gartenbesen angebracht. Elisha brachte Karotten aus der Küche mit,  es wurde eine wunderbare Nase. Der Mund wurde aus einem Zweig gemacht, zwei Kohlenstücke wurden zu Augen.

“Sieht aus wie Lucinda, wie sie früher war!” lachte  Ben. “Aber jetzt sieht Lucinda  sehr hübsch aus”. Und er errötete.
 Joel schien es, dass das Schneeweib ihm zuzwinkerte. Er ging vorsichtig zur Seite. “Das ist doch ein magisches Land! Hier kann alles passieren!»

Kapitel 26. Das Fest beginnt

Elisha konnte lange nicht einschlafen: Lexi tauchte nicht auf. Spät in der Nacht ging das Mädchen leise, um niemanden zu wecken, in den ersten Stock. Im Wohnzimmer funkelte sanft der Weihnachtsbaum. Und darunter lag ein Berg bunter Packungen und Pakete. Viele hatten Aufkleber mit ihrem Namen. Aber Elisha kümmerte sich jetzt nicht um die Geschenke. Sie machte sich Sorgen um das Schicksal ihrer Lexi. Mit schwerem Herzen stieg die Fee in ihr Zimmer auf und schlief schnell ein.

Elisha träumte, dass jemand sie  auf die Wange küsst.   Die Fee öffnete ein Auge und sah Lexi, die vor ihrem Bett saß und ihren goldblauen Blick nicht von ihr abhielt.

“Bist du das, Lexi?! Du bist zurückgekommen!” rief sie fröhlich aus.
“Natürlich bin ich zurückgekommen. Ich wecke dich schon seit fünf Minuten, aber du wachst nicht auf. Ich habe dich gerufen und dir die Wange gekitzelt…”

“Bist du nicht sauer auf mich? Ich werde dich nicht mehr allein lassen! Wo warst du?”

“Wo, wo… Ist es nicht egal? Kann ich mich nicht für meine Angelegenheiten weg gehen? Am Abend wirst du herausfinden, wo ich war und was ich getan habe. Und jetzt –  schnell frühstücken!”

Es war gemütlich und festlich im Haus: Es roch nach frischem Gebäck und Mandarinen. Der schön geschmückte Weihnachtsbaum funkelte, der Diduch prangte stolz, die Girlanden glänzten. Nach dem leckeren Frühstück begannen sich alle auf das Fest vorzubereiten.

Um halb zwölf, fröhlich und festlich gekleidet, verließen alle das Haus. Auf der Straße trafen sie die Familie von Tim und gingen gemeinsam zum Platz. Die Kinder liefen voraus, die Erwachsenen folgten ihnen und unterhielten sich. Der Schnee knirschte unter den Füßen, alles glänzte und funkelte. Überall erklangen Weihnachtsmelodien.
Es waren so viele Leute auf dem Platz, dass kein Apfel fallen konnte. Die Bewohner der Halbinsel  in festlichen Kleidern begrüßten einander, redeten, lachten, ließen sich an den Ständen entlang des Platzes mit  Getränken und Weihnachtssüßigkeiten verwöhnen.

Pünktlich um  zwölf Uhr begann das Fest. Nach einer kurzen Rede des Bürgermeisters und der Hauptweihnachtsfee begann das große Konzert. Jarina sang das Hauptweihnachtslied. Feen kreisten im Tanz wie Schneeflocken, Elanen zeigten Tricks, Drachen inszenierten eine luftige Aufführung, ein Trio von Waldgeistern  sang ein paar Lieder und Blumenfeen tanzten in der Luft über dem Platz.

“Jetzt sind wir an der Reihe”, flüsterte Elisha, nahm die Brüder an den Händen und stieg zusammen mit Frau Nadija auf die Bühne.
“Ach du Schreck!”  murmelte  Joel vor Angst, als er ein Meer von Blicken sah, die auf ihn gerichtet waren.


Aber als die Großmutter und Elisha das erste Weihnachtslied zu singen begannen, beruhigte er sich und stimmte zusammen mit Ben in das Lied ein. Zuerst hörten alle still zu. Aber als Jarina mit dem Zauberstab den Himmel in eine große Leinwand verwandelte, auf der die Texte der Lieder erschienen, sang der ganze Platz mit ihnen. Sie beendeten ihren Auftritt mit dem Lied “Stille Nacht, heilige Nacht”. Dieses Lied wurde von allen gesungen. “Es ist auf der ganzen Welt bekannt. Und sogar in einem magischen Land!” ging  es durch Joels Kopf, und es wurde ihm warm und fröhlich im Herzen.

Alle begrüßten und bescherten sich gegenseitig zum Feiertag. Einige tanzten. Die Kinder freuten sich, liefen und spielten.
“Wir treffen uns morgen früh an unserem Platz im Park. Wir gehen zu Freunden und Bekannten und begrüßen sie”, schlug Florian vor.
“Mit  Weihnachtsliedern?” fragte Ben. “Und wo feierst du Weihnachten, Florian?”
” Mit  Weihnachtsliedern”, lächelte das Einhorn. “Und feiern  werden wir mit Din und Melissa. Es wird viel Spaß machen!”

“Dann allen ein frohes Fest und gute Bescherung! Und bis morgen!”

Kapitel 27. Ungewöhnliche Geschenke

Weihnachten ist das  zauberhafteste, wunderbarste und magischste Fest. Und es spielt keine Rolle, wer es feiert, Menschen oder Zauberer. Und es spielt keine Rolle, wo es gefeiert wird. In einer gewöhnlichen Stadt oder auf einer magischen Halbinsel. Weihnachten ist voller Magie der Liebe, des Guten und des Lichts.

Es war wunderschöne Weihnachten für Elisha, ihre Eltern und ihre Gäste Frau Nadija, Ben und Joel. Die gemütliche Atmosphäre füllte das Haus: sowohl der Glanz der Spielzeuge am Weihnachtsbaum als auch der stolze Diduch, die Weihnachtskerzen und die  Leckereien. Ungewöhnliche Feengerichte und Speisen, die  Oma  zusammen mit Elishas Mutter gekocht hatten.  Und das Singen der Weihnachtslieder. Und natürlich die Bescherung!

Es gab viele Geschenke! Der Mama-Fee und dem  Papa-Elfen haben die Bluse und das Hemd, die  die Frau Nadija selbst bestickt hat, sehr gut gefallen. Und Elisha hat zusammen mit der bestickten Bluse auch einen schönen Blumenkranz mit bunten Bändern als Geschenk erhalten, den sie sofort aufsetzte.

Die Großmutter bewunderte die durchsichtige Kristallkugel, in der sich ein Teil der Sonnenhalbinsel widerspiegelte. Es gab dort drinnen ein wenig  Meer, Berge, Zypressen, ungewöhnliche Häuser. Die Möwen schwebten und es fiel Schnee. Aber es war klar, dass der Schnee nicht lange dauert, dass bald wieder die Sonne scheint und der magische Ort wieder sonnig wird.

Ben und Joel gefielen  die ungewöhnlichen Gadgets am besten. Tablet-ähnliche Geräte, mit denen man jedes Märchen aufspielen konnte.  Und eine Kristallflasche mit Regentropfen, ein Geschenk von Kap. Wenn man den Deckel abschraubt  wird es regnen. Dreht man ihn zu, der Regen hört auf. Und in ihrer Stadt, wo es oft regnet, wird eine solche Flasche nützlich sein.

Die Mutter-Fee hat viele Leckereien aus ihrem Geschäft geschenkt. Sowohl magische Getränke als auch leckere Medikamente, Konfitüren aus Waldbeeren und  Süßigkeiten aus gesunden Pflanzen.
Als alle ihre Geschenke ausgetauscht hatten, bemerkte man in der Ecke hinter dem Weihnachtsbaum ein weiteres großes Päckchen.
“Was ist das denn?” wunderte sich Elisha.  “Sind das auch Geschenke? Für wen?”

“Das sind Geschenke von mir.” Lexi zog das Päckchen  in die Mitte des Zimmers. “Könnt ihr euch vorstellen, wie schwer es für mich war, es zu schleppen? Ich war in der Siedlung der Elanen. Ihr wisst, dass die Elane kreative Wesen sind. Und der Vater von Julius erstellt besondere Bücher. Ich habe  jedem von euch eines mitgebracht. Ich hoffe, es wird  euch gefallen.”

Und Lexi gab jedem ein ungewöhnliches Buch.

Elisha liebte Bücher sehr. Sie liebte es, interessante Geschichten zu lesen und Bilder zu betrachten. Aber dieses Buch war nicht wie eines von denen, die sie vorher gelesen hat.

Das Buch war einfach magisch. Die Farbe des Deckels änderte sich ständig. Von golden wechselte es zu grün,  dann zu flieder-  und  regenbogenfarbig, strahlte und schimmerte in vielen Schattierungen. Allmählich  begannen Buchstaben  zu erscheinen. “Märchengeschichten über Tiere”, las Elisha. Die Blätter des Buches raschelten, als ob sie etwas erzählten. Etwas bewegte sich auf ihnen und glänzte. Aus dem Buch kamen Geräusche. Das Rauschen des Meeres und des Regens, das Singen von Vögeln, das Lachen von Kindern, das Bellen eines Hundes, das Miauen eines Kätzchens  und das Rascheln der Blätter auf den Bäumen. Elisha spürte auch die Düfte  von frischer  Meerbrandung,  von Frühlingsblumen, vom Sommerregen. Plötzlich schlug sich das Buch von selbst auf, und Buchstaben und Zeichnungen begannen auf den leeren Seiten zu erscheinen. Sie waren auch ungewöhnlich: die Bilder bewegten sich und lebten ihr eigenes Leben. Hier schwammen Fische im Meer, Vögel flogen am Himmel, Kinder spielten mit Hunden und Katzen, ein Wolf lief auf dem Waldpfad, fröhliche Füchse tummelten sich auf dem Rasen, und der Schmetterling mit dem Marienkäfer tranken Tee unter einem Pilz.

“Hier ist alles, was ich liebe! Danke, Lexi!” Elisha blickte vom Buch weg und sah, dass alle in ihre Geschenke eintauchten, sie blätterten durch die Bücher, lächelten und freuten sich.
Der Vater blätterte einen historischen Roman durch, die Mutter ein Buch über Heilpflanzen. Ben, der nicht sehr gerne las, betrachtete das Krimibuch mit Interesse. Joel war fasziniert vom Buch über Reisen, Schiffe und Piraten. Und Frau Nadija freute sich über das Buch “Die Geschichte der Sonnenhalbinsel”.

“Ich freue mich, dass euch meine Geschenke gefallen haben. Und ich bin froh, dass ich bei euch wohne. Und kann, wann immer ich will, meine Lieblingsblaubeeren essen. Danke für die tollen Geschenke. Und dafür, dass ich die beste Freundin habe.”  Lexi wurde verlegen und legte sich auf Elishas Schoß.

“Ich habe noch ein Geschenk für dich, Lexi “. Elisha hängte der Füchsin ein blaues Band mit einem Medaillon um den Hals. “Damit ich dich nicht mehr verliere. Wenn du diesen Knopf drückst, kannst du mich jederzeit erreichen.”

Aus der Unermesslichkeit von Emotionen leckte Lexi ihrer Freundin ins Gesicht. Und die Mutter wandte sich an die Kinder:
“Es ist spät, es ist Zeit zu schlafen, denn unsere Gäste wollen sich morgen von Freunden und unserer Halbinsel verabschieden. Leider gehen unsere Freunde morgen Abend nach Hause. Gute Nacht, Kinder.”

Kapitel 28.  Das letzte

“Ich will nicht von hier weg” flüsterte  Joel .

Er, Ben und Elisha holten Tim ab und gingen dann in den Park, wo sie sich mit anderen Freunden trafen. Sie standen an der Uferpromenade und blickten verzaubert auf das Meer. Die grauen Wellen rollten laut an die Küste und leckten den Schnee von den Kieselsteinen.

“Schade, dass man jetzt nicht baden kann…”  Ben seufzte. “Ich würde jetzt gerne schwimmen!”
“Macht nichts, ihr kommt im Sommer her, dann schwimmen wir. Und auch mit den Meerjungfrauen “, antwortete Tim ihm.“ Und jetzt bewundert den Schnee. Er ist selten bei uns! Es wird noch ein paar Tage liegen und das war’s. Und im Februar   blühen schon die Mandelbäume!”

“Wie viele immergrüne Pflanzen es hier gibt. Das grüne Gras schaut aus  dem Schnee!  Man fühlt, dass der Frühling bald kommt”, Joel blickte  auf die Grünanlage, die sich entlang der Uferpromenade erstreckte. “Und wir haben noch einen langen Winter. Zu Hause macht es auch Spaß, es gibt viel Winterunterhaltung.”

“Aber jetzt lasst uns das Fest genießen! Schaut, wie viel Spaß alle haben!” Elisha ging zum Rundbau, in dessen Nähe eine Bühne aufgestellt wurde.

Die Freunde unterhielten sich mit anderen Festbesuchern bei einem wunderbaren Konzert. Sangen  Weihnachtslieder, bewunderten die Weihnachtsfeen, die in der Luft wirbelten, und beobachteten mit einem Lächeln die ungewöhnlichen Tänze von Zauberern, Hexen, Waldgeistern, Werwölfe und anderen Bewohnern  des magischen Landes.
“Wohin gehen wir jetzt?  Zurück nach Hause?”  fragte Ben  traurig.

“Lasst uns über die Halbinsel fliegen und verabschiedet euch von ihr”, schlug Din vor.

Joel und Ben saßen bequem zwischen Dins Dornen wie in Sesseln und schauten sich  um. Tim saß hinter ihnen, Elisha und Stella flogen daneben. Die Jungs sahen unten die Straße, in der Elisha und Tim lebten. Den Marktplatz, die Promenade, den Park, die Schule.  Je höher sie aufstiegen, desto bezaubernder und majestätischer wurde der Anblick. Die Freunde sahen die ganze Stadt, den Weg zur Stadt der Bösen Zauberer und den Weg zur Elanen-Siedlung. Die Märchenwiese, den Nahen und den Fernen Wald, Berge und den Ort, wo  die  Hexe und der Kater Jack in der Höhle wohnen. Und weit in der Ferne Felder und Steppen. Es war die magische Sonnige Halbinsel, von der sie sich in ein paar Stunden verabschieden müssen.

Am Abend begannen Frau Nadija und die Brüder sich auf die Heimreise vorzubereiten. Die Taschen waren wieder voll. So viele Geschenke haben sie von Freunden bekommen!
Nach Umarmungen, Küssen und aufrichtigen guten Worten war es Zeit für den Abschied.

Frau Nadija nahm ihre Enkelkinder an die Hände. Joel hatte einen Rucksack mit Geschenken auf seinem Rücken, und  Ben trug eine schwere  Tasche mit Leckereien von den Feen.

“Mam, darf ich?” Elisha sah ihre Mutter an,  sah ein bejahendes Nicken und schwang mit dem Zauberstab.
Im selben Augenblick verschwanden die Reisenden im Strom des Regenbogenlichts.

 “Wir sind zu Hause”.  Die Großmutter überblickte ihre Wohnung. “Ich kann nicht glauben, dass wir nur ein paar Tage auf der Sonnigen Halbinsel verbracht haben.”
“Aber hier zu Hause hat es nur wenige Minuten gedauert”, widersprach Joel und lief zum Fenster. “Schaut, es schneit! Klasse! Der ganze Park ist mit Schnee überflutet! Wir können rodeln und Schi laufen!”

“Und am Abend gehen wir mit Papa und Mama auf die Eisbahn! Wie wunderbar! Wir werden Weihnachten zweimal feiern!” lächelte Ben.

“Bald ist Heiliger Abend, Sternsingerrumzüge. Und dann die Krippen und das Schmalzgebäckfest… Klasse ! Oma, wir sind schon weg. Wir ziehen uns um und laufen dann in den Park.”

“Lauft, Kinder! Ich nehme alles aus den Taschen und  setze mich, das Buch zu schreiben. Und am Abend, wenn Mama und Papa von der Arbeit zurückkommen, komme ich zu euch. Man muss ja  ihnen erzählen, wo wir waren und was wir gesehen haben.”

Aber die Jungs haben sie  schon nicht mehr gehört. Als Frau Nadija hinter ihnen die Tür zumachte flüsterte sie:
 “Sie werden es trotzdem nicht glauben. Sie werden denken, dass ich ihnen mein neues Buch erzähle.”
Der Schnee hinter dem Fenster fiel und fiel. Und es schien, als ob er leise Weihnachtsgeschichten erzählt.